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Richard Krenzer: Geschichte der Pädagogik

Literatur:

1) Karl Heitmann, Handbuch der Pädagogik

2) Willebald Ruß: Geschichte der Pädagogik

3) Albert Reble: Geschichte der Pädagogik (Fortsetzung von 1. & 2.)

4) Johann von der Drieck: (?)

5) Willy Moog: Geschichte der Pädagogik (neue Ausgaben von Josef Hatthemper)

6) Fritz Blättner: Geschichte der Pädagogik (komprimiert, anspruchsvoll)

7) Theodor Ballauf: Pädagogik (3 Bände, detailliert. hohes Niveau)

plus

Jean-Jacques Rousseau: Emile oder über die Erziehung, Reclam

plus für Joachim von Fiori und Hegel-Vorlesung

Hegel: "Vorlesung über die Philosophie der Weltgeschichte", S.881

Lessing: "Die Erziehung des Menschengeschlechts"

Schelling: "Philosophie der Offenbarung"

Kall Loewig: "Weltgeschichte und Heilsgeschehen", Stuttgart

25. Oktober 1993

Luther und Melanchthon wollen beide Gymnasien, aber aus unterschiedlichen Gründen.

Luther:

Lernen von Sprachen, der Mensch soll die Schrift lesen können. Er geht davon aus, daß der Mensch Gott hingeordnet ist (Herrschaft Gottes).

Melanchthon:

Der Mensch hat Gottes Gnade, er kann sich sittlich vervollkommnen. Das Gymnasium dient dazu.

Sieben freie Künste: Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Astronomie, Grammatik, Mathematik, ?.

1. Thema: Das Erziehungsdenken des Michel de Montaigne (1533-1592)

Lebt in Bordeaux. Verbrachte die ersten Jahre in vermögenden Schichten und lernte dort Latein, obwohl er Franzose war. Er bekleidete öffentliche Ämter.

Schriften: Die Essays (im Sinne von Versuchen) über Welt, Religion, Erziehung (1580-88)

Der heiligen Schrift muß man nachhelfen. Der Mensch ist autonom geboren und nicht von Gott abhängig. In seinen Essays wollte er das Phänomen Mensch begreifen.

Er hatte das Interesse an metaphysischen Fragen (z.B.: Ist die Welt mehr als daß, was ich sehen kann?) verloren. "Ich esse, trinke und lebe, das langt."

Kopernikus´ Vorstellung, die Erde drehe sich um die Sonne und sei nicht der Mittelpunkt der Welt, war "gehobenen" Schichten geläufig. Montaigne kannte sie. Die Abkehr vom Geozentrismus hatte jedoch zuerst ein gewisses Verlorenheitsgefühl, eine gewisse Vereinsamung zur Folge. Die Erde war nur noch ein Staubkorn unter vielen. Das führte bei vielen Menschen zu einer inneren Krise. Und so auch bei Montaigne.

An die Stelle der metaphysischen Fragen (welche Rolle spielt der Mensch in der Welt?) traten Fragen nach der Natur des eigenen Selbst. Wer bin ich? Was mag ich? Was kann ich?

Montaigne entwickelte die Vorstellung vom sich selbst bejahenden Menschen, der nicht von Anfang an böse sei. Er vertrat die Auffassung, das Christentum entwerte den Menschen durch seine Neigung zum Bösen und ein dementsprechendes Menschenbild.

Er löste den Menschen noch mehr aus Gottes Hand heraus: Der Mensch hat Autonomie, brauch er auch Gnade? Montaigne führte dadurch Melanchthons Gedankengang weiter.

Er ging davon aus: Wer Du bist, mußt Du Dir selbst beantworten! Keine Schrift kann Dir diese Antwort geben. - Anders als Platon, Aristoteles etc. die von der Metaphysik Rückschlüsse auf den Menschen zogen.

Um die Frage, wer bin ich, zu beantworten, wendete sich Montaigne der Technik des Selbstbeobachtens zu: Was habe ich für körperliche und moralische Gepflogenheiten? Welche Lieblingsspeisen? Was für Kleidung trage ich? Wie rede ich? Was mag ich?...

Metaphysische Fragen wurden zum Tabu. Die private Meinung, der eigene Geschmack, das war es, das zählte. Und damit war Montaigne keineswegs allein, vielmehr repräsentierte er das Denken breiterer Bevölkerungsschichten. Das eigene Selbst trat in den Mittelpunkt aller Dinge, wurde zum Maßstab auch für das Außer-Ich: Ich beurteile Dich aus meiner Sicht heraus! Montaigne zog sich wie viele andere auf sich selbst zurück.

Es gab keine objektiven Werte. Er beurteilte jeden für sich selbst und von sich selbst. Dennoch war ihm eigentlich egal, was andere taten. Er mischte sich da nicht ein. Er wollte nicht über andere herrschen, nicht dominieren.

Montaignes Haltung jedoch führte zu Isolation, (übersteigerten) Individualismus, Egozentrismus und schließlich wohl auch zu Einsamkeit. Das Ich wurde als Grenze angesehen, die auf keinen Fall gesprengt werden durfte.

mögliche Ursachen dieser Haltung:

- Gegenentwicklung zum "üblichen" Menschen im MA, der unbedingt an die Autorität der Heiligen Schrift glaubte und sich als von Gott abhängiges Wesen sah.

- Die Schriften des Plutarch, der 45-120 n. Chr. eine ähnliche Auffassung vertrat. Er war ein Priester Apollos in Delphi, zur Zeit als innere Krisen das römische Reich kennzeichneten. Vor dem Tempel in Delphi stand: "Erkenne Dich selbst!". Plutarch schrieb die Vitae, allg. Lebensbeschreibungen. Montaigne begegnete in Plutarch vielleicht einem Artverwandten.

- christliche Quellen waren nahezu unbedeutend. Das Buch der Weisheit im Alten Testament interessierte ihn ein wenig.

- Abkehr vom Ciceronischen Humanismus: Die Sprache verhelfe dem Menschen zur Vollkommenheit.

- Entstehen der Erfahrungswissenschaften (Naturwissenschaften) und der Vulgärsprache (schlichte Sprache, die die Dinge zunehmend beim Namen nannte).

Zusammenfassung:

Eigenes Ich als Maß des Handelns auch für das Außer-Ich, aber nicht dominierend. Genügsamkeit: Ich begnüge mich mit mir selbst bei meiner Erklärung und Beurteilung der Dinge und frage nicht die Schrift oder Dich! Ich schäme mich nicht meiner Schwächen. Es gab keinen Weltengeist wie bei Kant.

Bedeutung:

Diesen montaignischen Menschen gibt es auch heute noch. Jeder (!?) hat mehr oder weniger diese Vorstellung in sich.

Ewige Auseinandersetzung in der Kultur- und Geistesgeschichte:

Protagoras: Mensch als Maß der Dinge

Platon: Metaphysik als Erklärungsmodell

Aristoteles, Kant...

1. November 1993

Montaigne (Forts.):

Vertritt keine rationale Subjektivität, sondern die Subjektivität des eigenen individuellen Heils. Er will auf Innere horchen.

Aber: Er kann sich von dem Gefühl, es sei Böses (christliche Vorstellung; MA) im Menschen nicht ganz lösen. Er befürchtet, Menschen könnten individuelle Vorstellungen doch wieder als allgemeine Regeln setzen wollen (Dominanz, es besser wissen wollen).

Für ihn ist die Aufgabe der Erziehung, dem Menschen beizubringen, sich selbst zu erkennen und anzuerkennen. Aber man soll ihn auch von der Erbsünde fernhalten, es besser wissen zu wollen als die anderen.

Platon:

Sich umwenden, nicht sich selbst zuwenden. Im Grunde seien die Menschen denkfaul. Sie entnähmen politische Auffassungen den Zeitungen, wiederholten das, was sie anderswo gelesen haben, und seien unkritisch. Erziehung zum selbständigen Denken sie daher notwendig. Er denkt allerdings, wenn man selbständig denke, komme man zu objektiven Werten.

Montaigne:

Der Mensch soll nicht zu objektiven Werten kommen, er soll sich sich selbst zuwenden. Die Erziehung soll gerade dazu dienen.

Daher gäbe es keine allgemeinen, d.h. auf alle Menschen anwendbare, Erziehungsregeln (Es handelt sich hierbei um einen Gedanken, der später von der Reformpädagogik aufgegriffen wurde. Die Reformpädagogik führte den freien Aufsatz und den individuell angepaßten Unterricht ein).

Die Kinder sollten nicht zu einem Ideal hinerzogen werden (wie z.B. selbständiges Denken bei Platon), sondern in die Lage versetzt werden, sich auf sich selbst zu beziehen.

Nicht das Wissen, sondern das Tun zeige die Grenzen des Einzelnen auf. Sich die Welt aneignen heißt, sich selbst anzuerkennen.

2. Thema: Francis Bacon

Roger Bacon (um den es hier nicht geht):

Franziskaner-Mönch (1214-1292), für den die Mathematik die wichtigste Wissenschaft war. Er meinte, nur sie allein könne helfen, Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden und Gott - wenigstens zum Teil - zu erkennen. Er prognostizierte, es werde Schiffe und Eisenbahnwagen und andere Wagen mit eigenem Antrieb geben.

Francis Bacon:

Sohn eines Politikers, Karrierist. Er wurde Kanzler von England, der später wegen Bestechung entlassen und verhaftet wurde. Danach wendete er sich der Wissenschaft zu. Er wollte die Wissenschaft neu gestalten.

Er schrieb die "Instauratio Magna" ("Die große Erneuerung") und entwickelte die Theorie von der Induktion.

Induktion:

Induktionsschluß = Schluß vom Einzelnen (Besonderem) auf das Allgemeine

Induktionsmethode = Methode, um durch Induktionsschluß zu allg. Sätzen zu kommen

Die Induktion wurde schon früher wie selbstverständlich angewandt, Bacon lieferte nur die Theorie dazu.

Ein Teil der Instauratio Magna ist das Novum Organum (Das Neue Organ). Es enthält folgende Thesen:

1. Jeder geordnete Gedankengang hat einen Anfang und ein Ziel.

2. Welcher der beiden Punkte die Richtung angibt ist für die Denkweise entscheidend:

1. Geht man vom Ausgangspunkt zum Ziel, denkt man nach einem Prinzip (Kerngedanke): Durch welche Gedankenschritte komme ich zum Ziel?

2. Geht man vom Ziel zum Ausgangspunkt, dann beginnt das Denken mit dem Ziel. Es legt die Mittel fest: Ich kenne das Ziel und den Ausgangspunkt. Frage ist, wie komme ich zum Ausgangspunkt.

3. So haben wir zwei Wege/Methoden des Denkens:

- Die 1. Methode knüpft Folgerung an Folgerung. Sie arbeitet zusammensetzend, synthetisch.

- Die 2. Methode beginnt mit dem Ziel. Das Ziel wird in Einzelaspekte aufgelöst, zerlegt. Daher ist diese Methode analytisch.

Für Bacon ist die höchste Stufe des Ehrgeizes, die Macht der Menschheit zu erhöhen. Dem weltlichen abgelegene Forschung lehnte er strikt ab. (Im MA war das höchste Ziel eine objektive Seinsordnung zu finden).

Damit denkt er nach Methode 2.2. zum Ziel zum Ausgangspunkt. Er denkt analytisch. Er fragt sich, was nötig sei, um die Macht/das Wohl der Menschheit zu erhöhen, und kommt zu dem Schluß, die Menschheit müsse die Natur beherrschen, um ihre Macht zu vergrößern. Dazu müsse sie sich ihren Gesetzen unterwerfen.

D.h. der Mensch wird Herr, indem er Sklave wird. Er kann die Natur nur beherrschen, wenn er sich ihren Gesetzen unterwirft. Und Bacon meint, das sei notwendig, um das Wohl der Menschheit zu steigern. Anders als im MA ist das Ziel also, das Wohl der Menschheit zu erhöhen. Im MA ging es noch darum, sich Gott zu unterwerfen und Gottes Wohl zu fördern.

Bacon geht es um das nützliche Wissen. Er denkt dabei ähnlich wie Platon, dem das nützliche Wissen auch wichtig ist. Nur verstehen beide unter dem nützlichen Wissen verschiedene Dinge:

Platon: Wissen, das den Menschen bildet, ist nützliches Wissen.

Bacon: Wissen um die Naturgesetze, um der Natur Herr zu werden, ist nützliches Wissen.

Es geht im auch nicht wie Montaigne darum, sich auf das eigene Selbst zurückzuziehen. Es geht ihm um die Menschheit als Ganzes. So vertritt er neben Montaigne und Luther (MA) eine weitere neue Auffassung, die auch bis in unsere Zeit hineinreicht.

8. November 1993

MA-Wissenschaftsideal: der Tradition folgend; es gibt eine objektive Seinsordnung

Bacon: Nicht einfach nur tradiertes Wissen übernehmen, sondern auch die Wissenschaft im Sinne der Wohlfahrt aller Menschen weiterentwickeln. Bacon gibt also auch ein Ziel an, daß die Wissenschaft verfolgen soll. Nützliches Wissen ist Wissen, das dazu dient, die Macht der Menschen zu erhöhen.

Platon: Der Mensch müsse sich zum denkenden Wesen entwickeln. Wissen, das aus dem Denken kommt, sei nützliches Wissen. Dennoch geht er von einer objektiven Seinsordnung aus.

Bacon gibt das Ziel vor, die Macht der Menschen zu verstärken. Er beschreibt diese Macht jedoch nicht näher. Sie soll den Wohlstand der Menschen fördern. Man solle sich die Natur unterwerfen, indem man sich ihr unterwirft. Mehr sagt er nicht. Fragen bleiben offen: Wie soll diese Macht beschaffen sein? Soll außer der Natur noch jemand beherrscht werden? Wer soll die Macht ausüben (wirklich alle Menschen)?

Bacons Bedeutung für die Päd.:

Bacon wollte, daß die Menschen ihre neu erworbene Macht nicht mißbrauchen. Also stellte er sich die Frage, wie man den Menschen humanisieren könne. Humane Grenzen sollten die Machtausübung beschränken. Und dazu müsse der Mensch erst erzogen werden.

Andererseits stellte Bacon fest: Wissen ist Macht, durch Wissen erlangen wir Macht. Dadurch stellt sich die Frage nach der effektiven Vermittlung von Wissen. Je schneller und effektiver der Mensch Wissen in sich aufnehmen kann, desto schneller wächst seine Macht.

Didaktik und Methodik der Lehre gewannen so an Bedeutung. Man sah Wissen zunehmend als Produkt menschlicher Geisteskräfte, wie auch umgekehrt.

Auch Bacons Auffassung ist individualistisch: Der Mensch ist eigenverantwortlich für seinen Wohlstand. Es gebe keinen Gott oder eine andere Autorität, der der Mensch folgen könne.

3. Thema: Descartes

Descartes (1555-1650):

Descartes, der den Dreißigjährigen Krieg miterlebte, wurde schon früh intensiv geschult durch ein hochqualifiziertes Gymnasium sowie durch Privatlehrer.

Anfangs war er gläubiger Anhänger der katholischen Kirche, doch später ging ihm das "Theologengezänk" auf den Nerv. Der eine Theologe, ebenso wie bei den Philosophen, behauptet das eine, der andere wieder was ganz anderes. Jeder hatte eine andere Auffassung.

Diese Widersprüchlichkeit konnte ihm nichts geben und so wandte er sich von der Theologie und der Philosophie ab. Dabei behält seinen (nun außerwissenschaftlichen) Glauben. Als suchender, tiefgläubiger Mensch will er seinen Glauben selbst begründen.

Er zieht sich nach Holland zurück, wo er u.a. folgende Bücher schreibt:

"Discur de la methodé"

"principia philosophiae" (1644)

Er kommt zu der Auffassung, daß Glaube mehr sei als philosophische und theologische Reflexion. Aber nur diese reflektive philosophische Seite sei beweisbar.

Daraus schloß er: Es müsse objektive Wahrheiten geben. Um das zu beweisen, schloß er alle bisherigen philosophischen Beweise aus.

Nun suchte er nach objektiven Wahrheiten. Dabei stellte er fest, daß er nur durch Anzweifeln bisheriger Auffassungen in seinem Gedankengang so weit gekommen ist. Aber um zweifeln zu können, muß ich auch denken können - so dachte er weiter. Dadurch erkannte er schließlich eine objektive Wahrheit: Ich denke, denn ich zweifle.

Wenn er aber nun dachte, mußte er auch existieren, und so kam er schließlich zu folgender bekannten Aussage: Cogito ergo sum - oder: Ich denke, also bin ich.

Descartes machte dies zum Ausgangspunkt, um die philosophische Seite seines Glaubens zu beweisen. Er machte nicht mehr daraus.

Anders aber einige seiner Schüler, die seine Lehren kannten, aber seinen Glauben nicht hatten:

Sie schlossen aus Descartes Auffassung: Seinsgesetze seien Denkgesetze - wie gesagt: Descartes ging nie soweit. Cogito ergo sum wurde zur Basis ihres Selbstverständnisses: Alles existiert nur insoweit, wie ich es denken kann. Demnach könne alles, was ich mir nicht vorstellen kann, nicht existieren. Die Metaphysik existiere nur soweit, wie ich sie beweisen, nachvollziehen kann.

Schließlich dachte man Descartes noch weiter: Ich entscheide, was ist oder nicht ist, durch mein Denken, ob es beweisbar ist oder nicht. Und daraus wurde dann: Sein ist dasselbe wie Bewußtsein. Ich habe Sein nur solange, wie ich denken kann (ich mir selbst bewußt bin).

Diese Auffassung wurde im Dritten Reich - aber auch schon vorher - auf schlimmste Weise mißbraucht. Man dachte, Behinderte hätten kein Sein, denn sie hätten kein Bewußtsein! Demnach könnten sie auch keine Menschen sein. Das Nazi-Regime unter Hitler nutzte dies dann zur Legitimation, Behinderte in Konzentrationslager zu stecken und dort grauenvoll umzubringen. Behinderte - wie auch andere "Andersartige" - wurden als Untermenschen gesehen.

Doch zurück zu Descartes selbst und was man aus seinem Denken ableiten kann:

Grundlage des Denkens ist das Ich, sofern es denkt (klingt irgendwie logisch). Damit stehe Wissen und Irrtum im Denken und Wollen des Menschen. Durch eine gewissenhafte Schulung des Denkens könne man also jeden Irrtum vermeiden: Ich kann nicht irren, wenn ich nicht irren will.

Daraus folge dann: Ich kann durch Denken nicht nur Richtigkeit erkennen, sondern auch Wahrheit (denn ich kann ja nicht irren, wenn ich nicht will).

Der cartesiansiche Mensch sucht die Wahrheit also in seinem Denken. Das Denken allein lasse die objektive Seinsordnung, die Ordnung der Dinge, die Schöpfungsordnung erkennen.

Anders war das im MA: Der Mensch könne die Wahrheit nur in sich hineinlassen, denn diese existiere außerhalb des Menschen in Gott. Das gab ein Gefühl der Gemeinsamkeit, denn alle Menschen hatten die gleiche objektive Wahrheit (oder glaubten diese zu haben).

Bei Descartes jedoch sucht der Mensch die Wahrheit in sich. Er ist alleingelassen bei seiner Suche nach Wahrheit. Auch hier steckt eine große Portion Individualismus drinnen. Das führte zu einer Isolation des Menschen, denn jeder erkannte die Wahrheit aus sich heraus für sich.

In Diskurs über die Methode entwickelte Descartes mehrere Denkgesetze, wie sie auch in der heutigen Lernpsychologie durchaus noch ihre Bedeutung haben.

1. Niemals eine Sache als wahr anerkennen, wenn du sie nicht nachvollziehen, nachdenken kannst - nicht nachlaufen.

2. Zerlege ein Problem in seine Einzelaspekte - Analyse.

3. Ordne deine Gedanken, vom Leichtem zum Schweren. Fange mit dem Leichten an, höre mit dem Schweren auf.

4. Zähle alle Objekte deines Denkens auf.

Bedeutung Descartes für die Gegenwart:

- Rückzug auf Subjektivität wie bei Montaigne und Bacon - Einsamkeit des Denkers. Er ist in seinem Denken für sich.

Drittes Reich (Descartes hatte sich das niemals so vorgestellt!):

- der einsame Führer, unnahbar, als Kultfigur

15. November 1993

Wiederholung:

Descartes will mit der Macht des Denkens die zentrale Bedeutung des denkenden Ich herausstellen.

Laß nur das gelten, was du mit deinem Denken konstruieren kannst. Dieses Denken birgt die Gefahr, daß man andere Menschen in die eigene Wirklichkeit einfügt, d.h. daß der Mitmensch Mittel zur Konstruktion der eigenen Wirklichkeit wird! Dann wäre der andere nur noch Mittel meiner Selbstverwirklichung! Dies wäre dann eine ziemlich menschenverachtende Auffassung, da der Mensch als Mittel gesehen würde.

Bedeutung Descartes:

Descartes verweist den Menschen wie Bacon und Montaigne auch in die Einsamkeit des Denkens. Auch Descartes Denken wirkt bis in die heutige Zeit. Hinter einer Party, Smalltalk u.ä. steckt dann auch nur Vereinsamung.

Eigene Meinung:

Ich sehe das nicht so pessimistisch. Ich denke, bei einer Party oder einem netten Gespräch läßt sich so mancher echte Kontakt knüpfen. Sicher spielt Offenheit da eine große Rolle. Doch begegnet man einem Menschen offen, so hat der andere meist gar keine andere Möglichkeit als sich zu öffnen.

In meinem Leben habe ich auch die Erfahrung gemacht, daß es durchaus noch eine ganze Menge Menschen gibt, die ihre Einfühlsamkeit (Empathie) im Laufe der Erziehung nicht verloren haben. Wirklich verloren gehen kann sie ja auch nicht, denn sie ist Teil von einem selbst und das eigene Selbst läßt sich niemals völlig negieren.

Ich kann den Begriff selbstlose Liebe (Pestalozzi: Erziehung zur Menschlichkeit, bei Herrn Krenzer) auch nicht ganz nachvollziehen. Liebe ist etwas, was zwischen zwei Menschen abläuft. Man kann sich selbst nicht negieren und dann trotzdem lieben. M.E. gibt es keine selbstlose Liebe, weil es dann keine Liebe mehr wäre. Man selbst liebt und das kann man nicht, wenn man "selbstlos" ist. Den "selbstlosen" Menschen gibt es nicht, denn er wäre dann ja seiner Selbst beraubt.

Auch glaube ich, man müsse den Menschen zur Menschlichkeit nicht er-ziehen, man sollte lieber darauf achten ihn nicht zur Unmenschlichkeit zu erziehen.

Ich denke, der Mensch sie von Anfang an gut. Nur müsse er seiner Seele Ausdruck verleihen dürfen, Liebe und Akzeptanz empfangen. Ich denke so ähnlich dachte Montaigne auch. Deswegen finde ich den Titel des Seminars "Pestalozzi - Erziehung zur Menschlichkeit" ungeeignet. Wie soll er Mensch nach seiner Geburt anders als menschlich sein. ... to be continued

Siehe auch Alice Miller: "Am Anfang war Erziehung".

Descartes Fortsetzung (Stichpunkte):

Bewegung zur Innerlichkeit - Unabhängigkeitsbewegung - Religionsfreiheit

Der humanistische oder gläubige Kartesianer stellt sich schöne Welt vor (im Sinne seines Glaubens) und merkt, daß sie mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt - Widerstand, er setzt sich für diese schöne Welt im Innern ein, versucht einen Teil davon in die Realität zu bringen.

Janzenisten - suchen heile Welt des Glaubens in sich

Jacqueline Pascal hat versucht mitzuweinen und mitzulachen, obwohl sie eine Kartesianerin war. Sie sah Erziehung als Werkzeug der Gnade. Die Gnade und die Verinnerlichung seien notwendig, damit der Mensch seinen natürlichen Egoismus überwinden (etwas von sich selbst überwinden) könne.

Sie maß der Schulung der Vernünftigkeit weniger Bedeutung bei als Descartes selbst, denn diese könne zur Eitelkeit führen. Sie wollte kein Denken, das dazu diene, die Wirklichkeit zu konstruieren, sondern ein Denken hin zur Sehnsucht nach der Gnade der Kontemplation.

Eine strenge Aufsicht zur Wegführung des Kindes aus begehrlichen Wünschen sei dazu erforderlich. Die Erzieherin sollte als gutes Beispiel vorangehen. Pestalozzi sah das ganz anders: Er war mit den Kindern, er war bei ihnen aber ohne strenge Aufsicht. Er gab ihnen Liebe und eine Unterkunft, das war alles und auch genug.

Liebe aber spielte bei Jacqueline Pascal (fast) keine Rolle. Die Bewahrung der Taufunschuld war ihr letztes Erziehungsziel.

4. Thema: Comenius - kosmische Ohnmachtserfahrung

Im 16.-17. Jahrhundert mußten viele Menschen die Erfahrung machen, daß sie nicht der Mittelpunkt der Welt sind. Diese kosmische Ohnmachtserfahrung, hervorgerufen durch Kopernikus, war nicht leicht zu verarbeiten. Die Frage: Wer bin ich überhaupt, wenn ich nicht mehr im Mittelpunkt der Welt bin? tauchte auf und beschäftigte die Gemüter. Es gab eine große Verunsicherung: Man dachte so viel über Welt zu wissen und mußte nun einsehen, daß man nur sehr wenig wußte.

Ein Weg damit umzugehen war der Kartesianismus. Man versuchte der Verunsicherung durch Verinnerlichung zu entgehen. Allerdings gab es ein Problem, wenn man die Dinge so sah, wie Schüler Descartes: Die Dinge sind nur soweit, wie ich sie denken kann. Aber wie ist das nun? Ich sehe die Wirklichkeit so, der andere aber so, was ist Wirklichkeit dann eigentlich?

Es gab eine zweite Bewegung die der Verunsicherung durch ein möglichst umfassendes Wissen begegnen wollten. Enzyklopädisten, die alles wissen wollten, konnten nicht mehr alles wissen, denn es gab zu viel Wissen.

Darauf aufbauend sagten sich die Didaktiker: Wenn wir schon nicht alles wissen können, so versuchen wir doch möglichst viel zu wissen. Daher beschäftigten sie sich mit der Frage, wie kann ich möglichst schnell, möglichst viel - also möglichst effektiv - Wissen erlangen? Sie nannten sich daher selbst Didaktiker (griech. didascalon - Lehrer), ein Begriff der von Johann Wolfgang Ratge eingeführt wurde. Heute würden diese Frage eher der Methodik zuordnen, weniger der Didaktik.

Ratge entwickelte ein Buch zur effektiven Sprachen- und Wissensvermittlung.

Comenius, auch ein Didaktiker, schrieb die "didactica magna". Das Buch galt lange als sein Hauptwerk.

22. November 1993

Ziel der Didaktiker:

Mit Wissen, sich zurechtfinden,

eine Basis schaffen,

Wahrheit finden,

Wohlfahrt der Menschen fördern (Bacon).

Wissen wurde verherrlicht, mit ihm schien den Didaktikern soll ziemlich alles möglich zu sein.

Comenius schrieb neben der "didactica magna", das lange Zeit für sein Hauptwerk gehalten wurde, auch das "gererum humarum", das heute als sein Hauptwerk gilt. Es besteht aus sieben Büchern, von denen nur das erste 1666 erschien.

Die anderen Büchern lagen nur als Manuskripte vor, von denen das letzte, nachdem es im Dreißigjährigen Krieg "verlorenging", die "Panpedia", erst 1935 wiedergefunden wurde. Das gesamte Werk wurde dann erst 1966 komplett herausgeben.

In seinem "gererum humarum" ging Comenius weiter als andere Didaktiker wie Ratge, denen es nur um die effektive Vermittlung von Wissen ging. Doch zunächst etwas zu seinem Lebenslauf, vor dessen Hintergrund seine Auffassungen vielleicht noch etwas klarer werden.

Comenius wurde 1592 geboren. Er wurde schon in seiner Jugendzeit (?) Mitglied der Böhmisch-Mährischen Brüdergemeinde. Diese aus der Sittenbewegung heraus entstandene Gemeinschaft, maß der Sittenlehre eine höhere Bedeutung zu als konfessionellen Fragen. Sie waren demnach keine Lutheralen, sondern eher Söhne (und Töchter) Melanchthons. Ihr humanistischer Grundsatz lautete: Mensch verhalte dich sittlich.

Nach Schulbesuch und Studium war er auch eine Zeit lang als Schulleiter tätig.

1621 verlor er im Dreißigjährigen Krieg seine Habe und Bibliothek und floh nach Polen. Das passierte noch mehrmals. Comenius war fast immer auf der Flucht.

Viel schlimmer jedoch ist, daß seine erste und seine zweite Frau und (fast?) seine ganze Familie im Krieg getötet wurden. Er stolperte sozusagen von einer Tragödie in die andere.

1641-48 reiste Einladungen des Parlamentes bzw. des Kanzlers folgend nach England und nach Schweden. Er wurde ein renommierter Mann. Möglicherweise wurde er auch einmal zur Harvard University - damals hieß sie anders - eingeladen. 48 kehrte nach Lissa in Polen zurück. 56 verlor er ein weiteres mal seine Bibliothek, denn auch Lissa wurde im Krieg zerstört.

Nur seinen Lebensabend konnte in Ruhe und materieller Sicherheit verbringen, sonst mußte er permanent - wie ganz viele andere Menschen in diesem von Menschen gemachten Krieg auch - in Angst leben und war eigentlich fast immer auf der Flucht.

So, jetzt noch einmal kurz zur "didactica magna". In diesem Werk beschreibt er, das ganze Leben solle eine Schule sein. Von 1-6 Jahren die Mutterschule, dann von 7-12 Lernen der Muttersprache, von 13-18 die Lateinschule und schließlich von 19-25 die Universität. Darin unterschied er sich aber kaum von anderen Didaktikern.

Zum Sprachenlernen setzte er als erster die Methode ein, zu jedem Wort auch ein Bild zu malen, so daß dem Lernenden die Bedeutung des Wortes schneller klarwurde. Er schrieb auch ein Buch, wie man schnell Latein lernen könne.

Fürsten, das englische Parlament und andere Herrschende waren an ihm interessiert. Sie erhofften sich durch seine Methoden, die Ausbildung zu verbessern und dadurch den Wohlstand, die Wirtschaft zu fördern. Sie wollten daher praktische Hinweise von ihm. Er hingegen theoretisierte dazu zu viel, was dazu führte, das man schnell das Interesse an ihm verlor.

Jetzt aber zu "gererum humarum", genauer gesagt hauptsächlich zu seinem vierten Teil, der "Panpedia":

Ihm war nicht nur das Wissen wichtig, wie den anderen Didaktikern auch. Es reichte ihm nicht dazu, der kosmischen Ohnmachtserfahrung zu entgehen. Dazu braucht er die Gnade: Allein aus der Gnade heraus könne der Mensch der Ohnmacht begegnen (Melanchthon).

Für ihn wurde es zur Gewißheit, der Mensch sei ein Ebenbild Gottes. Er war kein Kreuzestheologe, sondern Erlösungstheologe.

Er legt den Schöpfungsbericht auf bestimme Weise aus: Das Universum als geordnete Gotteswelt komme von Gott und bewege sich durch Gott zu Gott hin. In unserer "verkehrten Welt" sähe das ein wenig anders aus: Das Gesetz kommt von uns, den sündigen Menschen, wirkt durch uns auf uns. Diese verkehrte Welt entwickle sich aber zur Gotteswelt hin und integriere sich in sie. Unsere verkehrte Welt werde sozusagen erlöst.

Daher leitet sich auch sein Erziehungsideal ab: Erziehung soll dazu dienen, dem Menschen zu ermöglichen, mitzuhelfen die Welt in die Harmonie des Universum zu stellen und die Welt ihren von Jesus vorbereiteten Weg gehen zu lassen.

Potentaten sahen aber nur die Effizienz des Lernens. Sie kümmerte Comenius Erziehungsideal wenig.

Obwohl Gott in der Pädagogik Comenius´ eine große Rolle spielt, ist seine Pädagogik nicht christlich, sondern neuplatonisch.

Der Neuplatonismus hatte das Ziel, dem Christentum den Platonismus neu durchdacht entgegen zustellen. Man hielt das Paradies für möglich. Gott habe dazu die Vorarbeit geleistet und die Gnade sei (deshalb?) schon da. Die Welt werde sich in die Gotteswelt einfügen. Aber der Mensch müsse mithelfen, er müsse sich anstrengen, sich bilden, lernen. Auch hier sieht man Einflüsse Melanchthons.

Der Mensch sollte seine Sehnsucht nach Buße erfüllen und die Gotteswelt erkennen lernen. Das liegt jedoch in seiner eigenen Verantwortung (Montaigne, Descartes): Mensch, du bist auf dich gegründet, doch glaube an Gott! Der Glaube an Gott wurde als Voraussetzung gesehen.

Der Mensch solle sich dem Lernen unterordnen: lerne fleißig und du bist ein guter Christ! Ordne dich dem Lernen unter, aber nicht dem Kreuze!

Diese Auffassung war sicherlich auch geprägt von pädagogischen Allmachtsphantasien. Mit Pädagogik war alles möglich. (Obwohl ich mir selbst nicht ganz sicher bin, wieviel man mit Erziehung durch Liebe erreichen kann. Vielleicht doch eine ganze Menge.)

29. November 1993

Nach dem Skript von Susanne...

Bildung bei Comenius

Der Mensch soll erkennen, daß die Schöpfung das Richtige ist und nicht die Ego-Welt des Menschen. Bildung sei Verzicht auf das Selbstverständnis des Menschen, er sei das Maß aller Dinge sei.

Der Christ weiß, er müsse sein Ego überwinden, um sich der harmonischen Natur einzuordnen. Der Mensch kann letztlich aus sich heraus sein Ego überwinden, sich vervollkommen. Er muß es nur wollen. Er soll Buße tun, d.h. sich bilden.

Geordnete Gotteswelt:

1. Pansophia - Allweisheit, Allwissenheit

Die Welt ist nach Comenius geordnet und gut. Alles, was zu dieser geordneten Welt gehört, lasse sich in einer Wissensstruktur erfassen und einordnen. Das Wissen um eine Blume, die Deutung eines Gedichts zeigt das Wesen der Blume, des Gedichtes. Das Wissen geht über das Vordergründige hinaus, ermöglicht das tiefere Verständnis der Dinge. So geht es bei der Blume nicht nur um naturwissenschaftliche Fakten, sondern auch um das Wissen um die Schönheit und Einzigartigkeit der Blume.

Pansophia ist also z.B. das Wissen über den Aufbau der Blume und zugleich auch über das Wesen der Blume. Dieses Wissen ist nach Comenius lernbar.

Da in jedem Menschen das Verlangen sei, durch Buße bzw. Bildung die Welt der eigenen Gesetze zu überwinden, sei allen Menschen Pansophia, Bildung zu vermitteln.

D.h. jeder Mensch hat die Fähigkeit, in einer Blume mehr zu sehen als nur einen Gebrauchsgegenstand, den man skrupellos ausbeuten könne. Dies müsse gefördert werden. Da die Wissenschaft sich auf das Universum bezieht, also auf die geordnete Gotteswelt, ist Wissenschaft die Wissenschaft von der Natur, in der allein sich die Weisheit Gottes offenbart.

2. Panpedia - "Alles gründlich lehren" (pan = alles, pedia = Wissen)

Panpedia ist das wichtigste Schlagwort in der Pädagogik Comenius´. Alle Menschen sollen alles auf das Gründlichste zu lernen. Das ist die Grundaussage Comenius´. Bildung liegt der Pansophia zugrunde.

Comenius ist nicht wie die anderen "nur" ein Didaktiker in dem Sinne, daß er das Lernen erleichtern wolle. Ihm war wichtig: Alle Menschen sollen das ganze Leben durch Lernen.

5. Thema: Fenelos Auseinandersetzung mit der Tugendliebe

Im Sinne von Francis Bacon ist Wissen Macht, Macht über die Naturgesetze. Der Mensch erhält durch Wissen Machtfülle, die er jedoch nicht mißbrauchen soll. Deshalb müsse er in die richtige Richtung gelenkt werden (?).

Der zunehmenden Machtfülle des Menschen war durch die Vermehrung des Wissen bald kaum noch Grenzen gesetzt (Montaigne, Descartes, Comenius). Comenius ging es dabei weniger um die oben erwähnte Machtfülle, sondern eher um das pansophische Wissen. Das war für viele seiner Zeitgenossen undenkbar.

Bei der Beherrschung von Dingen durch das Wissen ging es auch darum, den Menschen zu einem Ding zu machen, um ihn zu beherrschen! Erst bei Kant taucht der freie Wille auf, erst Kant stellte die Forderung nach der Autonomie des Mensch - durch seine Vernunft - auf: "Handle so, daß die Maxime deines Handelns jederzeit zur Maxime einer allgemeinen Gesetzgebung werden kann" - Handle so, wie du wünschst, von anderen behandelt so werden. Doch gebe es nach Kant das Problem, daß der menschliche Wille dieser Forderung der Vernunft entgegenstehen könne.

Nun stellt sich die Frage, wie man den Menschen dazu bringen könne, immer das Gute zu wollen. Doch dazu zunächst etwas über die sieben freien Künste:

Grammatik, Rhetorik, Dialektik und Astronomie, Geometrie, Arithmetik, Musik waren im Altertum übliche Wissensgebiete und Unterrichtsfächer. Bei den Römern haben sich daraus die sieben freien Künste entwickelt. Die Römer stellten sich vor, man könne sich dieser Künste nur widmen, wenn man eine gewisse Freiheit und einen gewissen Wohlstand genieße. Daher auch die Bezeichnung sieben freie Künste. Bis in unser Jahrhundert hinein wurden ziemlich exakt genau diese Fächer gelehrt und auch die heutigen Lehrpläne sind darauf aufgebaut.

Nun entwickelte Fenelo die Vorstellung, die letzten vier Fächer, also Astronomie, Geometrie, Arithmetik und Musik seien nicht nur auf den Verstand beschränkt, denn sie eigneten sich auch zur Willens(aus)bildung in Richtung Tugendhaftigkeit, in Richtung, immer gut sein zu wollen. Dazu ein Beispiel:

Die Wurzel aus zwei ergibt ausgerechnet eine irrationale Zahl, eine Zahl mit unendlich vielen Nachkommastellen, die sich nicht einmal wiederholen, d.h. sie kann als Dezimalbruch niemals exakt angegeben werden. Oder andersherum: Man stelle sich ein Quadrat mit der Kantenlänge von eins - Einheit egal - vor. Der Länge der Diagonalen durch das Quadrat entspricht genau die Wurzel von zwei. Daraus könne man folgende philosophische (!) Folgerung bilden: Es handelt sich hier nicht nur um Fachwissen, sondern hier werde ein Grundsatz zur Weisheit der Natur gelegt. Der Mensch könne zwar die Natur beherrschen, aber er kann nicht einmal die Länge dieser Diagonalen exakt - als Dezimalbruch - angeben! Dem Menschen bleibt nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden. Er muß sich dieser Struktur des Weltenlogos anpassen, sein Logos, Verstand muß sich darin einfügen. Dazu ein wenig Stoa.

Stoa vertrat ca. 300 v.Chr. eine philosophische Richtung, die rigoroses Pflichtdenken gegenüber der Ethik forderte und darüberhinaus von der Existenz eines Weltenlogos ausgeht. Dieser Weltengeist, ein Geist, der das ganze All gestaltet hat, sorge z.B. dafür, daß die Sterne nicht aufeinanderprallen.

Jeder Mensch habe laut Stoa in sich ein Denkvermögen, daß auch als (Menschen)Logos bezeichnet wird. In diesen Logos sollte er aber bei seinem Denken den Weltengeist einfließen lassen, es soll also nach der Struktur des Weltengeistes gedacht werden.

Auf das Beispiel von Wurzel zwei bezogen hieße das: Dem Menschenlogos, also dem Denken sind gewisse Grenzen gesetzt. Die Stoiker sagen: Man müsse versuchen, daß Wurzel2-Beispiel zu verstehen, dahinterzuschauen.

Das Wurzel2-Beispiel z.B. zeige den Weltenlogos durch die Weisheit, die in der Konstruktion des Quadrates und seiner Diagonalen liege. Dieser Weltenlogos sei gut, der Mensch müsse sich diesem Logos anpassen oder ihn zumindest akzeptieren. Dinge müßten danach gesehen werden, welche Struktur ihnen der Weltenlogos gegeben habe.

Fenelo denkt das weiter: Die vier freien Künste - das bezieht sich in Zukunft auf die oben genannten (letzten) vier der sieben Künste - seien das Fundament der Sachen. Deshalb seien sie selbst nicht sachlich. Sie ermöglichten die Struktur der Dinge zu sehen. Und - wenn der Wille der Anweisung dieser vier Künste folge, werde er selbst zum Fundament der Dinge. Der Wille beuge sich dann automatisch der vorgegebenen Ordnung! Wissen sei demnach schon Macht, aber auf dem Fundament des entsprechend geschulten Willens.

6. Dezember 1993

Wiederholung und Ergänzung

Die Stoiker sagen: In den vier Künsten lasse sich übergeordnete Wahrheit erkennen.

Im MA, z.B. bei Montaigne, Bacon, wurde der Willen unter die Vernunft gestellt, damit er "brav" bleibe, und der Mensch sittlich gut handle. Deshalb wollte man eine Erziehung, die sich auf die Ausbildung und Stärkung der Vernunft konzentrierte. Man ging zwar soweit, zu sagen, der Mensch habe Autonomie. Den freien Willen - eigentlich eine Voraussetzung für Autonomie - aber gestand man ihm noch nicht zu.

Erst Kant und anderer Philosophen in seiner Zeit postulierten den freien Willen des Menschen. Dadurch ergab sich das Problem, wie man den Menschen zur Tugendhaftigkeit und Sittlichkeit erziehen könne, wenn Vernunft und Willen zwei verschiedene Dinge seien. Der Wille muß ja noch lange nicht das wollen, was die Vernunft fordert. Deshalb konzentrierte man sich zunehmend auf die Erziehung des Willens. Die mittelalterliche Auffassung, Wissen sei Macht, aber unter der Herrschaft des Willens, der der Vernunft unterworfen sei, wurde nicht mehr als Automatismus gesehen. Der Willen mußte dahin erzogen werden, das zu wollen, was die Vernunft will! D.h. in letzter Konsequenz, daß der Wille dazu manipuliert werden müsse!

Die Erziehung zur Tugendhaftigkeit basierte also jetzt darauf, den Willen dazu erziehen, gut handeln zu wollen.

Dazu mußte man das Motiv, das hinter der Tugendhaftigkeit steht, erkennen. Da man aber nun zu dem Schluß kam, das Motiv der Tugend sei Eigenliebe und Egoismus, d.h. man sei gut, um gut schlafen zu können, um anerkannt zu werden, um nicht von seinem Gewissen geplagt zu werden, wurde folgende Kritik laut: Die Erziehung des Willens zur Tugend, z.B. wie bei Fenelo durch Beschäftigung mit den vier Künsten, werfe den Menschen auf sich selbst zurück (Wo liegt da eigentlich das Problem?). Man meinte einen Widerspruch zwischen der Aussage, Wissen sei Macht, und der menschlichen Subjektivität zu erkennen.

Doch zunächst mal ein kleiner Einschub, bevor es damit weitergeht. Nun Näheres über Fenelos Buch "Geschichte der Kindheit":

In der Antike, so ca. 400-200 v.Chr. gab es folgende ambivalente Sicht der Kinder: Einerseits schätzte man die Kinder und achtete sie, bewunderte das Jugendliche und Natürliche, andererseits setzte man kranke und behinderte Kinder aus, behandelte Kinder somit als Ware. Man kann vermuten, daß in dieser Zeit das Bewußtsein um die Besonderheit und Einzigartigkeit des Kindes nicht sehr stark ausgebildet war. Ein Kindsein, in der Form, wie wir uns das heute vorstellen, gab es nicht.

150 v.Chr. nahm das Frühchristentum die Kinderliebe als wesentlichen Bestandteil ihres Glaubens auf. Die hellenistische Ambivalenz ließ man dabei glücklicherweise unter den Tisch fallen, die Stellung des Kindes wurde aufgewertet. In der Orthodoxie, der Ostkirche entwickelte Clemens gar die - m.E. sehr schöne - Vorstellung: Der Mensch müsse werden wie ein Kind, um Gottes Ebenbild zu sein.

Augustinus entwickelte allerdings eine andere Vorstellung: Das Kind sei in Sünde geboren. Die Erwachsenen wüßten es besser als das Kind. Das Kind sei zu führen, es sei unvollkommen. Diese Auffassung faßte eher im Abendland, im Westen Fuß. Die Vorstellung vom Kind, als "etwas" Jugendlich-Natürliches, war hier wesentlich weniger verbreitet als im Osten.

Doch mit Beginn der Neuzeit im 14. Jh. schlägt das Bewußtsein von der Besonderheit des Kindes wieder durch. Die clementinische Auffassung gewann wieder Bedeutung.

Mit Descartes nahm dieser Trend jedoch wieder ab. Descartes sagte: Die Kindheit sei verlorene Zeit, denn das Kind könne nicht denken und verfüge nicht über Selbstkontrolle (Was gibts da eigentlich zu kontrollieren?).

Doch dann kam Fenelo: Die Natur trat zunehmend an die Stelle der Vernunft, die antike und die clementinische Auffassung gewannen wieder an Boden. Fenelo maß der Spontaneität, der Unmittelbarkeit und der Un-gebrochen-heit - gerade als Pädagoge lohnt es sich, dieses Wort näher anzuschauen! - große Bedeutung zu. Als Gegner des Descartes sah er in der vernünftigen Selbstkontrolle keinen Weg, wie der Mensch den Bann seines Ichs (?) durchbrechen könne. Tugend durch Vernunft war für ihn, daß das Kind nicht auffällt und lieb ist - d.h. sich verstellt! -, um gelobt zu werden.

Nicht die dominante Vernunft, sondern die Natürlichkeit solle den Menschen zur Tugend führen. Fenelo "taufte" diese Auffassung - er war Bischof - dann auch gleich noch: Die Natürlichkeit reiche nicht aus, dazu müsse noch die Gnade kommen. D.h. Natürlichkeit und Gnade überwinden die Selbstliebe (Ist die Selbstliebe etwas Unnatürliches oder überwindet sie sich selbst?). Rousseau "entweihte" diese Auffassung wieder, indem er die Gnade wegließ.

Doch nun wieder zurück zur Willenserziehung und zur Tugendhaftigkeit...

Fenelo war auch der Auffassung, die Erziehung zur Tugendhaftigkeit sei Erziehung zum Egoismus, da die Tugend aus dem Egoismus heraus motiviert werde. Man sei gut, um gelobt zu werden usw. (Schwarze Pädagogik: Das Kind ist gut und lieb, um geliebt zu werden. Die Liebe der Eltern ist an Bedingungen geknüpft. Inwiefern gibt es Zusammenhänge?)

24. Januar 1994

John Locke

1670-90 politische Turbulenzen in England, der König weigerte sich mehr Rechte an Adel und Großbürgertum zu delegieren - Rebellion

König war von Gottesgnaden, ihn abzusetzen hieß, Gottes Entscheidung in Frage zu stellen. Darf man den König aber trotzdem stürzen? Wenn der König etwas Falsches tut, das Gott widerspricht, dann ja. Und das werde durch die Vernunft entschieden, ergo: Der König muß vor der Vernunft bestehen können. Die Vernunft sei das Maß, nachdem gemessen werden kann, ob der König nach Gott handelt oder nicht.

Locke entwickelte damit zum erstenmal ein politische Theorie der Vernunft. Die Vernunft bekam Bedeutung als politischer Faktor.

Locksche Erkenntnistheorie:

1. Erkenntnis aus Erfahrung, Wissen kommt aus der sinnlichen Erfahrung (kein angeborenes Wissen)

2. Doppelte Erfahrung: innere und äußere Erfahrung

- äußere: Licht, Ausdehnung, Gestalt

- innere: Wie komme ich dazu, zu wissen, daß ich denke, zweifle?

(Reflexion)

3. daraus schöpfen wir einfache Ideen: Licht, Ausdehnung

Der Geist bindet, setzt zusammen: kleine, große Ausdehnung

Methode: understanding, Verstand, zusammengesetzte Ideen.

4. daraus werden allgemeine Ideen: hier ist blaues Licht, es gibt aber auch allgemein blaues Licht, Abstraktion von der konkreten Sache

5. Diese allgemeinen Ideen bilden Material für die Erkenntnis

Idee, Erkenntnis: großer Tisch

ich sitze an einem großen Tisch - Übertragung in die Realität

Das Anwenden der Erkenntnis in der Realität erfordert Urteilsbildung: Ist das, wodran ich sitze, überhaupt ein Tisch?

Diese Urteilsbildung erfolgt durch:

1. durch Anschauung (Intuition): ich weiß es einfach, das ist schön, und das ist ein Tisch

2. Vernunft (demonstrative Erkenntnis), Vergleiche: das ist ein großer Tisch, denn meiner zu Hause ist ein kleiner

3. sinnliche Wahrnehmung: das ist rot, das ist blau

Begriff der Vernunft (reason):

Jede Überzeugung, auf die ich nicht diese Arten von Urteilsbildung anwenden kann, ist nicht Wissen, sondern Glauben und Meinen.

Nur die Vernunft kann Begriffe schaffen. DEF: Die Vernunft ist die Fähigkeit, Wissen in Begriffe zu fassen. Was nicht vernünftig faßbar ist, ist Meinen und Glauben (abwertend gemeint).

Abwertung bis heute: Abwertung von Gefühlen (minderwertiges Wissen)

Die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung geht von Locke aus. 1936 wurde Harvard University gegründet. 1690 veröffentlichte Locke "concerning and understanding", 5-15 Jahre später war es in Harvards Bibliothek und wenig später als Thema in den Vorlesungsverzeichnissen.

Locke glaubt an göttliche Offenbarung; aber untersuchte diese mit Vernunft - rationalistische Theologie. Nur was man nicht mehr mit der Vernunft erfassen kann, muß ich treu glauben. Die menschliche Vernunft sei also die Richterin der Offenbarung. Offenbarung ist nur das, was man nicht vernünftig erklären kann (die Idee vom Weltenlogos, der Stoa steckt hier dahinter).

Der Mensch bekommt seine Sonderstellung im Universum durch seine Vernunft! Das Fundament des Menschseins ist die Vernünftigkeit [wenn das alles sein soll, gnade uns Gott!]. Ergo: Auch der König muß, weil er ein Mensch ist, vernünftig sein. (westliches Denken)

Da der Mensch nun aber sittlich autonom ist, kann er prüfen, ob der König im Sinne der Vernunft handelt und damit seinem Gottesgnadentum gerecht wird oder nicht.

1776-83 Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg, und später die erste Verfassnung (6-7 Artikel): Keine Einschränkung des Menschseins

1791 Zehn Ergänzungen über die Menschenrechte kamen hinzu: Einschränkung des Menschen, Freiheitsgedanke / liberty

Nach Lockes Verständnis müsse der Mensch immer sachlich, immer "cool" sein. Ein vernünftiger Mensch zeige Toleranz gegenüber anderen vernünftigen Menschen, nicht jedoch gegenüber einem gefühlsbetonten, unvernünftigen Menschen. Die Toleranz des vernünftigen Menschen war also erstaunlich selektiv.

Der Erziehungsstil Lockes (thoughts on education) basierte darauf, den Menschen zur Vernunft zu erziehen. Alle Erziehungsmaßmahmen dienen dazu, Mensch werde vernünftig, damit du ein Mensch bist [Daraus ergibt sich auch das gefühlsbetonte, unvernünftige [sind gefühlsbetonte Menschen notwendigerweise unvernünftig?] Menschen keine Menschen seien. Gefährlich wurde diese Auffassung in Bezug auf Behinderte. Man war sich damals nicht sicher, ob geistig Behinderte denken und vernünftig sein können. Man konnte also durchaus auch schließen, daß geistig Behinderte keine Menschen seien.]

### Fortsetzung folgt.

31. Januar 1994

8. Thema: Rousseau (28. Juni 1712)

Rousseaus Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Es gab keine Kontinuität in seinem Leben. Er machte verschiedene Lehren, stolperte von einem Ort zum nächsten. Er suchte Mütterlichkeit und eine liebende Frau.

Und fand beides in Frau von Warens. Sie war ihm Mutter und Geliebte zugleich. Das Verhältnis mit ihr war noch "keine Leidenschaft, und doch mehr als Freundschaft" (Emile, 14).

1750 schrieb er eine Preisschrift zu der Frage, ob das Wiedererwachen der Künste und Wissenschaften dazu beigetragen habe, die Sitten zu reinigen. 1753 schrieb er eine Schrift über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen. Auf diese Schrift geht der 1762 geschriebene Gesellschaftsvertrag zurück, der seinerseits - zusammen mit Emile - die wesentlichen Grundgedanken zur Französischen Revolution 1789 lieferte.

Rousseau war ein Anhänger der natürlichen Religion. Er glaubte an einen über der Materie stehenden Willen, auf den die Schöpfung zurückgeführt werden müsse. Aber das Wissen über das, was geregelt sei und was nicht, bringe der Mensch ein. Und für den Rest gebe es ein mathematisches Gesetz.

Wie Locke denkt Rousseau vor aktuellen Hintergründen über den Staat nach. Er entwirft politische Theorie. Der Rousseauistische Ansatz lautet vereinfacht:

Jeder Mensch solle sich selbst gehorchen. Der Mensch solle ganz frei bleiben und keine Rechte aufgeben. Aber: Eine unmittelbare Demokratie nach diesem Verständnis sei nicht möglich, könne nie erreicht werden. Man könne sich der echten Demokratie nur nähern. Damit war er scharfer Kritiker der Lockschen Demokratie (s.o.). Rousseau stellte sich die Frage: Können Menschen frei sein, wenn Gesetze herrschen, die sie nicht selbst beschlossen haben? Diesen Überlegungen folgend kam er in etwa zu folgenden Folgerungen:

1. Der wahre Wille aller Staatsbürger will den allgemeinen Willen (s.a. Weltenlogos, Stoa) verwirklichen.

2. Opponenten können frei sein; der Wille der Mehrheit muß der allgemeine Wille sein. Alle Menschen seien frei - das ist sein Wunsch. Die Realität sieht anders aus, denn dort gibt es keine Einstimmigkeit.

Rousseaus erster Satz im Emile ist: "Alles, was aus den Händen des Schöpfers kommt, ist gut; alles entartet unter den Händen des Menschen [der Gesellschaft, der Institutionen]." (Emile, 107) [Eine erschreckende Vorstellung, der Mensch entarte unter seinen eigenen Händen!].

Schon in seinem Gesellschaftsvertrag kommt er zu folgender Auffassung: Der Mensch sei von Anfang an gut und offen für den Weltenlogos, aber er entarte unter den Händen des Menschen. Dies fange an, wenn er das erste Mal mit der mütterlichen Liebe in Kontakt kommt. Dies verwöhne ihn, und er merke, er bekommt, was er will, wenn er schreit, und könne damit seinen Egoismus durchsetzen. [Hier muß man sich seine eigene Biographie anschauen; er verlor seine Mutter kurz nach seiner Geburt. Und das heißt auch: Er konnte mütterliche Liebe zunächst nicht erfahren, sondern erst später durch Frau von Warens.]

7. Februar 1994

Zusammenfassung Gesellschaftsvertag:

- Mensch von Natur aus gut, dem Weltenlogos geöffnert

- unter seinen eigenen Händen aber entarte er

[Wie soll das gehen? Der Mensch, von Natur aus gut, entartet unter sich selbst, dem von Natur aus Gutem? Oder: Das Gute entartet unter dem Guten?]

Der Emil gibt dabei nur indirekt eine Antwort auf die Wiederherstellung des entarteten Menschen.

Geschichtlicher Hintergrund und Bedeutung des Emile: Der Adel ist zu dieser Zeit gefangen in einem Panzer von Vorschriften. Emile hat dort große Bedeutung, man sah die Möglichkeit eines "Befreiungsschlages", die Möglichkeit sich von den Konventionen zu lösen. Wenn ich doch einfach mal ich selber wäre [oder sein könnte]! Dieser Wunsch bewegte viele.

Dennoch kam es zur Franzößischen Revolution nicht wegen des Emile, sondern wegen des Gesellschaftsvertrages von Rousseau. Über den Emile wurde eigentlich nur geredet. Emile wurde selbst zu einer Konvention gemacht. Viele Adelige zogen zwar aufs Land und wollten wie Emile leben, nahmen dabei aber ihre Konventionen mit. Emile war theoretischer Gesprächsstoff und hatte kaum praktische Auswirkungen. Der Adel entschärfte die Sprengbombe Emile erfolgreich, was ihm beim Gesellschaftsvertrag nicht gelang.

Inhalte des Emile sind:

- Glorifizierung des Landes

- gesunde und naturhafte, naturnahe Lebensweise

- Hofmeister ist mehr Kamerad als Erzieher (negative Erziehung). Er hielt alle fremden Einflüsse von Emile fern. [Inwiefern ist das auch schon eine Beeinflussung???]. Es gab keine Erziehung durch Vernunft und keine Erziehung zum Denken hin. Die Erziehung basierte darauf, dem Emile Angebote zu machen, und ihm zu überlassen, ob er sie annimmt. Auffassung die dahintersteckt: Die Natur (der Weltenlogos) wirke als Erziehungsgewalt)

Rousseaus Ausführung sind weniger eine Kritik der Kultur oder reinen Vernunft als eine Kritik der reinen Menschlichkeit. Er vertrat keine traditionell-theologische Sicht, sondern fand seine Antworten auf genial-intuitive Weise. Er entwarf somit keine philosophische Theorie.

18. April 1994

Aufklärung: Einführung und Überblick

Das Wort Aufklärung kommt vielleicht von enlightment (Erleuchtung), ein Wort, das John Milton in seinem "paradise lost" (Verlorenes Paradies) verwendete.

Die Aufklärung richtet sich gegen unreflektierte, einfach übernommene Dogmen und Traditionen. Das eigene Tun und Denken sollte das Leben bestimmen und nicht irgendwelche Überlieferungen. Daraus ergaben sich einige Forderungen:

- Denkfreiheit

- Freiheit eigene Gedanken auszudrücken: Rede- und Schriftfreiheit

- Kritik & Toleranz

- keine Vorurteile

a priori - aus vernünftigen Überlegungen hergeleitet

Im MA dachte man, Erscheinungen (wie Liebe und Furcht) stünden vor der Erfahrung (a priori) und könnten aus vernünftigen Überlegungen hergeleitet werden. Ein Beispeil dafür ist das Monadendenken: Wenn ich vom Menschen alles wegdenke, bleibt noch etwas übrig. Es gibt etwas, das ich vom Menschen nicht wegdenken kann (siehe auch oben).

In der Aufklärung jedoch lehnt man Vernunft als Mittel zu Erkennung des metaphysischen Wesens des Menschen ab. Man dachte, daß Erscheinungen aus Erfahrungen heraus gedeutet werden, jedoch nicht aus vernünftigen Überlegungen heraus erklärt werden können.

Man sah die Vernunft als Fähigkeit, aus Erfahrungen und Beobachtungen zu schließen und zu denken an sich. Von Kritikern ist diese erste Aufklärung als Popularisierung der Wissenschaften verstanden worden, man dachte die Wissenschaften wie Philosophie, Theologie, Astronomie etc. seien damit zu Vernunftwissenschaften degradiert. Man wehrte sich gegen die Forderung, allen nützliche Kenntnisse zu vermitteln und allen die Wissenschaften zugänglich zu machen. [Vielleicht sahen viele Wissenschaftler die eigene, elitäre Position gefährdet.]

Ein Problemfragestellung der Aufklärung war nun: Wie ist Gesellschaft und Gemeinschaft möglich, wenn jeder seine eigene Vorstellungen entwickelt und sich dadurch von anderen abkapselt (hier spielt wieder der Monadenbegriff eine Rolle)? Wenn auch die unreflektierten Traditionen viele Nachteile hatten, weil sie z.B. zu Vorurteilen führten, so verbanden sie doch die Menschen untereinander. Sie hatten dadurch etwas Gemeinsames, auf das sie sich berufen können. Diese Fragestellung ist auch heute noch sehr aktuell. Gerade mit dem Aufkommen eines erhöhten Gewaltpotentials unter Jugendlichen.

Diese erste Aufklärung (etwa 1700-1800) wurde von der kantischen Aufklärung abgelöst. Kant beschäftigte sich stark mit der Gefährdung des Menschen (der Gesellschaft und der Gemeinsamkeit) durch die Freiheit. Er schrieb als erstes eine Kritik der Vernunft. Vorher wurde das Konzept Vernunft meist nur unreflektiert übernommen.

Doch nun zur Aufklärungspädagogik, die sich nur auf die erste Aufklärungsperiode (z.B. Leibniz) 1700-1800 bezieht. Die Aufklärungspädagogik hatte abgeleitet aus dieser ersten Aufklärung folgende Ziele:

- Erziehung nach den Grundsätzen

- der Nützlichkeit,

- der Glückseligkeit (meint in etwas Zufriedenheit),

- und des Wohlergehens

gestalten.

- den Grundsatz, jeder sei gleich, anwenden. Bildung für ALLE

- das Denken und das Schließen lehren

- nützliche Kenntnisse vermitteln

- psychologisch durchdachter Unterricht, damit alle etwas lernen

- und nochmals: Schule für ALLE

Die lutherische Erziehung dagegen war anders: Luther ging es darum, die Menschen gut zu machen (innere Erziehungen). Dies kann aber nur durch die Gnade Gottes erreicht werden, die Eltern, die Erzieher können nur unterstützend wirken. Daher sollte auch die Kirche die Schulaufsicht haben und im Unterricht die heilige Schrift gelehrt werden.

Das Ziel der Aufklärungspädagogik hingegen war, den Menschen zum Glied eines gut funktionierenden (möglichst alle zufrieden machenden) Staates zu machen. Der Staat könne nur gedeihen, wenn alle Bürger gut erzogen seien. Deshalb soll auch der Staat die Schulaufsicht haben und der Religionsunterricht nur einen Teil des Lehrplans ausmachen. Einen ersten amtlichen Erlaß in der Richtung gab es am 18. Juli 1799 und dies war der erste Schritt zu einem staatlichen Schulsystem.

Die Pädagogen dieser Aufklärungspädagogik wurden auch Philanthropen (Menschenfreunde) genannt und das, was sie vertraten Philanthropismus. Wichtige Philanthopen sind:

1. Johann Bernhard Basedow (Zeitgenosse Kants, schwieriger Typ, gründete eine Schule in Dessau, die er das Philanthropin nannte, daher auch obiger Name)

2. Christian Gotthild Salzmann (auch ein Zeitgenosse Kants, war in Philanthropin, kam aber mit Basedow nicht klar)

3. Joachim Heinrich Kampe

25. April 1994

Immanuel Kant

Immanuel Kant (1724-1804) wurde in Königsberg geboren. Nach dem Gymnasium wurde er Hauslehrer und 1755 habilitierte er in Königsberg. 1770 wurde er ordentlicher Professor für Logik und Metaphysik, und das auch in Königsberg. Überhaupt spielte sich sein ganzes Leben etwa 15-20km rund um Königsberg ab, weiter weg kam er nie.

Sein Leben verlief streng geordnet, einige Mitmenschen sollen sogar ihre Uhr nach seinem Auftauchen an bestimmten Orten während seines Mittagsspaziergang gestellt haben.

Kants philosophische Entwicklung teilt sich in zwei Perioden:

1. Die Vorkritische Periode (Leibniz und Naturwissenschaften) bis 1770

2. Die Kritische Periode

In der vorkritischen Periode beschäftigte er sich mit der leibnizischen Aufklärung und den Naturwissenschaften. Er nahm die Vernunft als Mittel aus Erfahrungen Schlüsse zu ziehen an und sah auch kein Problem dabei.

Doch dann kam, als er promovierte, die kritische Phase, in der er das Konzept der Vernunft kritisch beurteilte. Diese kritische Beurteilung mündete dann schließlich in zwei seiner wichtigsten Werke:

1. "Kritik der reinen Vernunft" 1781

2. "Kritik der praktischen Vernunft" 1788

Kant wollte den Menschen zur Freiheit zwingen. Er forderte, der Mensch solle frei werden, indem er sich unter die Herrschaft der Vernunft stellt. Auch Rousseau wollte dies erreichen, aber anders als Kant, indem in der Erziehung alle äußeren Einflüsse von den Kindern ferngehalten werden, bis sie reif und erwachsen sind, und der Schlechtigkeit und Degeneriertheit der Gesellschaft und ihrer Konventionen und Traditionen widerstehen können. Beide, Rousseau und Kant, stehen jedoch in der Tradition [!] Montaignes und Descartes´. Beide wollten sie die Entfaltung der menschlichen Individualität.

Die Metaphysik, die Wissenschaft von den Dingen an sich, wurde bedeutsam in Kants zweite Periode. Kant dachte, wirkliche Wissenschaft müsse im Sinne der Naturwissenschaften und der Mathematik be- und nachweisbar sein. Daher könne die Metaphysik auch keine wirkliche Wissenschaft sein.

Ein paar Gedanken aus der "Kritik der reinen Vernunft" sind:

1. Raum und Zeit werden im Dienste der Erkenntnis subjektiv wahrgenommen, sind aber nicht nachweisbar. Sie müssen daher auch nicht unbedingt existieren, sondern können auch nur Bestandteil der menschlichen Vorstellung sein. Da jeder sich seine eigene Vorstellung von Raum und Zeit macht, ergibt sich daraus eine große Isolation des Einzelnen (Montaigne). Es fehlen die Gemeinsamkeiten.

2. Den Stoff der Erkenntnis bilden räumliche und zeitliche, also subjektive, Wahrnehmungen. Die Funktion des Verstandes ist, aus diesem Stoff Begriffe zu bilden.

3. Metaphysik als Wissenschaft von den Dingen an sich ist nicht möglich: Das Menschsein läßt sich nicht auf den Begriff bringen. Wie Gott oder die Unsterblichkeit der Seele ist das Menschsein ein Phänomen außerhalb der Raumzeit.

Während die Kritik der reinen Vernunft eine Erkenntnislehre - unter der Fragestellung: Ist Metaphysik ein Wissenschaft? - ist, beschäftigt sich die Kritik der praktischen Vernunft mit der Sittenlehre, also mit der Lehre, was gut und was schlecht sei. Die Basis der Kantschen Sittenlehre bildet der kategorische, d.h. unbedingte, Imperativ [Befehl]: "Handele so, daß die Maxime deines Handelns jederzeit auch Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung werden könnte." oder verkürzt: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg´ auch keinem anderen zu.

Kant geht davon aus, es gebe ein Sittengesetz, das in allen Menschen ist. Handelt der Mensch nun danach, unterwerfe er sich diesem Gesetz, so werde er dadurch dennoch nicht unfrei, denn das Gesetz sei in jedem. Es ist sogar andersherum: In dem Maße, wie der Mensch dem allgemeinen Sittengesetz folgt, sich also unter die Herrschaft seiner eigenen Vernunft stellt, mit deren Hilfe er das Sittengesetz erkennen kann, in dem Maße ist der Mensch frei. Die Kritik der praktischen Vernunft enthält unter anderem noch folgende Gedanken:

1. Was ist sittlich gut? Sittlich gut ist nur der gute Wille. Der Wille, ein Almosen zu geben, kann gut sein, aber das Almosen selbst kann ausgenützt oder eigennützig verstanden werden. Die Handlung selbst muß also nicht gut sein, der gute Wille aber ist es, d.h. der Wille kann gut sein, die Handlungen sind aber meist egoistisch.

2. Wann ist der Wille gut? Wenn das Ziel des Willens mit dem sittlichen Gesetz übereinstimmt. Wenn ich den Menschen dazu bringe, daß er will, was das Sittengesetz im vorschreibt, dann ist das Wollen des Menschen sittlich gut. Voraussetzung dafür ist aber auch, daß der Mensch das Sittengesetz durch seine Vernunft erkennt.

3. Was ist ein sittliches Handeln? Das Sittengesetz mit der Vernunft erkennen, alles andere ausschließen und genau danach handeln. Der Mensch soll um des Gesetzes willen gesetzestreu handeln, nicht aus anderen, möglicherweise eigennützigen, Gründen.

Kants Pädagogik setzt sich demzufolge aus einer Schulung des Verstandes und wichtiger noch der Vernunft und einer intensiven Schulung des Willens zusammen. Kants pietistische Erziehung ließ ihn zunächst glauben, der Mensch müsse gut handeln, damit er in den Himmel komme. Dies jedoch ist schon eine egoistische Motivation [Ich will den Egoismus hier keinesfalls werten, obwohl dem Wort in diesem Zusammenhang ein negativer Touch anhängt.]. Eigentlich sollte es aber heißen: Du mußt gut handeln, damit Gottes Wille geschehe.

2. Mai 1994

Kants Pädagogik

Fragestellung: Wie kann man dem Menschen helfen, mit seiner Autonomie klarzukommen? Die Traditionen gaben dem Menschen ein Halt und eine Gemeinsamkeit, die nun fehlt.

Kant bewegt sich in der Denktradition John Lockes (Verstand= understanding, Vernunft=reason), geht aber nun über diese Denktradition hinaus. Doch bevor es weitergeht, noch ein paar Definition zur Wiederholung: Sittengesetz=kategorischer Imperativ, Verstand=aus Erfahrung Schlüsse ziehen, z.B. Schach spielen und logisch denken, Vernunft=Erkennen des Sittengesetzes, Vernunft als Lehrerin und Prophet.

Das Sittengesetz ist autonom, das heißt, es ist Selbstzweck: Folge dem Sittengesetz, ohne einen Gedanken an eine evtl. Belohnung bei Befolgung oder Bestrafung bei Nichtbefolgung zu verschwenden! Folge dem Sittengesetz, weil es da ist, nicht weil sich daraus für dich Vorteile ergeben.

Das Sittengesetz gibt den Menschen, die es befolgen, Würde, die ihn über eine Sache hinaushebt. Für Kant wie auch noch für die heutige Rechtsprechung ist z.B. ein Hund eine Sache, weil er keine Vernunft besitze. Da man früher dachte (und vielleicht heute auch noch z.T.), daß ein geistig Behinderte nicht denken könne und daher auch keine Vernunft besitze, war diese Auffassung nicht ungefährlich, denn man konnte durch sie eine geistig Behinderten für eine Sache halten!

Allerdings hat diese Auffassung auch eine sehr positive Bedeutung, den aus ihr folgt, der Mensch - aber leider immer noch: der vernünftige Mensch - dürfe keine Sache sein, der Bauer dürfe also z.B. für den Grundbesitzer keine Sache sein. [Es müßte allgemeiner heißen: Keine Lebewesen ist eine Sache und kein Lebewesen darf eine Sache sein.]

Jetzt stellt Kant sich die Frage: Warum verlangt das Sittengesetz vom Menschen, daß er sittlich sei? Die Antwort, so Kant, darauf lautet, damit er tugendhaft wird. Aber auch hier gilt: Folge deiner Vernunft, weil deine Vernunft dir das sagt! Handele nicht sittlich, weil du tugendhaft sein willst/sollst/mußt, sondern weil deine Vernunft dir das sagt. Wer seiner Vernunft folgt, wird zufrieden, glückselig sein. Man soll jedoch nicht seiner Vernunft folgen, um glücklich und zufrieden zu werden, sondern weil es die Vernunft will. Man soll seiner Vernunft um ihr selbst willen folgen. Hier kann man sich dann doch die Frage stellen: Inwiefern kann ein Mensch danach handeln, inwiefern wird der Mensch dann nicht doch vernünftig sein, weil er glücklich sein will?

Kant postuliert drei "Wahrheiten", die der Mensch als gegeben voraussetzen muß, um sittlich sein zu können:

1. Die Freiheit des Willens

2. Die Unsterblichkeit der Seele

3. Das Dasein Gottes

Keines dieser Postulate ist jedoch als Wahrheit nachweisbar, keines dieser Postulate muß war sein. Da jedoch jeder Mensch nach diesen drei Wahrheiten verlange, solle man sie jedoch als gegeben voraussetzen.

Hier wird auch der Einfluß der pietistischen Erziehung Kants vor allem durch seine Mutter deutlich. Viele Kantianer fragen sich noch heute, warum Kant diese drei Wahrheiten fordert. Es müsse doch eigentlich reichen, wenn der Mensch seiner Vernunft folgt und sittlich ist und damit basta. Wozu braucht Kant noch diese drei Postulate?

Wie dem auch sei, aus Kants Auffassung folgt immerhin, daß der Mensch einzigartig sei, weil er das einzige vernünftige Wesen sei (auch hier wieder das Problem mit den geistig Behinderten, denen man die Vernunft absprach). Weil der Mensch nun jedoch das einzige vernünftige Wesen sei, darum sei er auch das einzige freie Wesen, nämlich frei seiner Vernunft zu folgen (oder sie Vernunft sein zu lassen und was ganz anderes zu tun). Du bist frei deiner Vernunft (bei Luther: dem heiligen Geist) zu folgen (sakularisierter Luther). Und dieser Gedanken fand trotz der Trockenheit vieler Schriften Kants begeisterten Anklang.

Kant jedoch geht noch ein Stück weiter: Das Wesen des Menschen liegt nun nicht einfach im Besitz der Freiheit, sondern in deren Gebrauch. Der Mensch kann sich als einziges Wesen frei entscheiden, ob er seiner Vernunft folgt [klingt irgendwie logisch, wenn er das einzige Wesen sein soll, das Vernunft besitzt].

In seinem 1783 erschienenen Aufsatz "Was ist Aufklärung?" formuliert Kant weiter:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude ! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung." und: "Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längt von fremder Leitung frei gesprochen..., dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein." (S. Dezemb. 1783, S. 516)

Dies hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Platons Höhlengleichnis ca. 400 v. Chr. Der Grundgedanke ist, der Mensch sei denkfaul und er solle den Mut haben, seinen Verstand und seine Vernunft zu gebrauchen.

Den Endzweck des Menschen sieht Kant in dem Gebrauch seiner Freiheit, sich unter die Herrschaft seiner Vernunft zu stellen [frei sich unter eine Herrschaft zu stellen!]. Seine Forderung dabei ist: Mensch gebrauche doch deine Vernunft. Bevor man jemanden bestraft, weil er sich unsittlich verhalten hat, solle man doch diesen Appell an ihn richten. Bevor man jemanden in den Knast sperrt, solle man ihn dazu anhalten. [Meines Erachtens jedoch sollte man gar nicht strafen, was nicht heißt, daß Jemanden-in-den-Knast-sperren nicht auch aus anderen Gründern - z.B. zu Prävention weiterer Verbrechen - notwendig sein kann.]

9. Mai 1994

Ästhetik und Spieltheorie bei Kant

1750 wurde das Wort Ästhetik von Alexander Baumgart für den deutschen Sprachgebrauch geprägt. Vorher gab es dieses Wort nur im Griechischen.

Kant gab 1790 in seiner Schrift "Kritik der Urteilskraft" diesem Begriff einen eigenen Inhalt.Er suchte nach einem a priori der Ästhetik und des Fühlens. Für das Denken und das Wollen hatte er ja schon zwei a prioris:

Das Denken setzt Raum und Zeit voraus. Man muß also Raum und Zeit aus Vernunftgründen fordern, kann aber ihre Existenz nicht nachweisen. Das a priori des Wollens hingegen ist das Sittengesetz, der kategorische Imperativ.

Und in der "Kritik der Urteilskraft" sucht Kant jetzt - und das ist ganz untypisch für ihn - nach einem a priori des Fühlens.

Dabei fragt er zunächst: Was ist ein ästhetisches Werturteil (wie z.B. das ist schön)? Wenn ich über schön urteile, liegt die Bewertung, so meint er, nicht in der Befriedigung eines Begehrens oder Interesses, sondern es liegt darin vielmehr interesseloses Wohlgefallen: Ach, das ist schön, aber ich will es nicht haben.

Wegen des interesselosen Charakters ist ästhetisches Verhalten wie ein Spiel: "Im Spiel werden Betätigungen [wie z.B. ein ästhetisches Urteil fällen], die sonst im Interesse des Begehrens stehen, um ihrer selbst willen [also interesselos] ausgeübt" (so oder so ähnlich in Kant: Kritik der Urteilskraft, 1.Teil, 1.Abschnitt, 1.Buch, Paragraph 9,14 und in der Einleitung Kap. IV).

Daher sei auch die Wirklichkeit eines ästhetischen Gegenstandes nicht wichtig: Die schöne Rose, die ich sehe, sei nicht die, die ich in der Hand halte. Deshalb reiche die anschauliche Vorstellung von einem Gegenstand völlig aus (Scheinwelt).

Weiterhin sei das ästhetische Wohlgefallen bedingt durch die Form, nicht durch den Inhalt: Nicht die Rose, sondern ihre Form finde ich schön. Die Form gebe dem Kunstwerk Abgeschlossenheit und Vollendung. Ein solches Kunstwerk genügt sich selbst und ist völlig zweckfrei. (Pestalozzi: Baum = Stamm, Blätter, Äste etc. Die Summe der Teile wird vom Schöpfer zu einem ganzen zusammengefügt. Die Liebe - z.B. der Mutter - ermöglicht es dem Kind, die Liebe des gütigen Schöpfers wahrzunehmen und den Baum als Ganzes zu betrachten. Bei Kant hingegen gibt es ein a priori, das die Summe der Teile zum Ganzen macht. [Frage ist: Kann man alle a prioris zusammen vielleicht als Gott bezeichnen? Reden beiden von einander sich sehr ähnelnden Sachverhalten?])

Bei Kant wird die Summe der Teile durch die Form zum Ganzen und die Teile des Ganzes sind nur aus dem ganzen heraus verständlich: Ein Ast, ist kein Ast, wenn man nicht weiß, was ein Baum ist. Wir haben a priori, so Kant, die Fähigkeit zur Erkennnung der Form (s.o. Pestalozzi).

Kant denkt weiter, der Form beim Schönen fehle das Zweckmäßige. Oder noch einfacher ausgedrückt: Dem Schönen fehlt der Zweck, das Schöne ist zwecklos und ohne Absicht gemacht. Und: Das Schöne ist eben nur dann schön, wenn es zwecklos ist, was aber nicht heißt, daß alles Zwecklose schön sei.

Damit sieht Kant das Schöne allein für sich, losgelöst von allem anderen, auch der Vernunft.

Das zwecklose Schöne ist nun aber Voraussetzung für dei lustvolle und spielerische Betätigung der inneren Kräfte, der Gefühlskräfte [Kann damit das Schöne noch noch zweckfrei sein? - Außerdem sieht Kant damit auch die Gefühlskräfte getrennt von der Vernunft!] Diese Betätigung kann man auch einfach Spielen nennen.

Spieltheorie von Friedrich Schiller

Friedrich Schiller, der bis 1805 lebte und damit ein Zeitgenosse Kants war, entwickelte seine eigene Spieltheorie und seine eigene Vorstellung von Ästhetik, weil er mit dem vorhandenen nicht zufrieden war. Schiller kannte die "Kritik der Urteilskraft" von Kant und Johann Joachim Winkelmanns "Geschichte der Kunst des Altertums" (1764). Beide Werke gingen in seine Spieltheorie ein.

Winkelmann, der damals eine Autorität auf seinem Gebiet war und dessen oben erwähnte Geschichte der Kunst für die geistige Elite schon fast ein zweites Evangelium war, leitete seine Vorstellung vom Schönen von den griechischen Statuen an. Auf die Frage, "Was ist schön?", wußte er nur diese Antwort: "Schau Dir griechische Statuen an, und Du weißt, was schön ist!" (Kein Zitat, sinngemäß). Aus dieser Deutung der griechischen Geschichte entwickelte er auch sein Erziehungs- oder Bildungsideal:

Das Ziel der Erziehung solle danach sein, in sich ausgeglichene, leiblich naturhaft vollendete, schöne Menschen zu schaffen. Nur darin liege die wahre Humanität, wie uns die griechischen Statuen zeigten.

Das heißt also, die schönen griechischen Statuen dienen hier einem Zweck, nämlich als Vorbild für die Vollendung des Menschen. Das Schöne hier ist also nicht zweckfrei.

Schiller liest nun Kants Philosophie, dessen kritischer Anhänger er ist, und Winkelmann, dessen Vorstellung für ihn auch sehr wichtig sind. Aus diesen beiden sich anscheinend widersprechenden Ansichten wollte er nun seine Spieltheorie machen. Bei Kant störte ihn dabei vor allem die strikte Trennung zwischen Vernunft, dem Sittengesetz und dem Gefühl, dem Schönen. Oder anders ausgedrückt: Die Trennung zwischen Form und Inhalt (Stoff), zwischen Natur und Sittlichkeit.

Daher versuchte Schiller eine Synthese dieser beiden Pole und entwarf seine eigene Spieltheorie. Seiner Auffassung nach befinden sich nun im Spieltrieb sowohl naturgesetzliche, sinnliche als auch vernünftige Betätigung. Stofftrieb und Formtrieb sind in Harmonie (Winkelmann) verbunden.

Die Kunst veredele nun den sinnlichen Menschen und geleite ihn von der sinnlichen Gebundenheit zur sittlichen Freiheit. So sind z.B. Gedicht - auch seine eigenen natürlich - Anleitungen zu einem so verstandenen Spielen. Durch solches Spielen wird der Mensch frei unter der Herrschaft des Schönen, des Gefühls und der Herrschaft der Vernunft. Der kantische Mensch hingegen handelt nur nach der Vernunft, dem kategorischen Imperativ.

Bei Schiller aber handelt er aus Vernunft und Neigung heraus. Beides ist in ihm in Harmonie vereint. Schiller will das Erreichen der Harmonie aller Gegensätze zum Ziel des Menschen machen. Bei Kant sind Vernunft und Pflicht oberste Ziele des Menschen. Schiller sieht das Spiel als Möglichkeit, beide Gegensätze Vernunft und Gefühl im Menschen zu vereinigen. Das Spiel ist eine Haltung, die zu dieser Vereinigung führt.

August Froebel

Friedrich Wilhelm August Froebel war später Zeitgenosse von Schiller und Kant. Dennoch entwickelte er eine völlig eigenständige Spieltheorie. Er verlor sehr früh seine Mutter. Gegenüber Schiller war er eher ein ernster Grübler und nicht so frei und offen [Eindruck von Herrn Krenzer!]. Er war kein Pädagoge des Kindergartens, sondern ein ernster Philosoph, der sich gerne mit Naturwissenschaften wie Mineralogie, Forstwirtschaft [Naturwissenschaft?] und deren Gesetze beschäftigte. Dennoch war er mehr Naturphilosoph als Naturwissenschaftler. Seine ganze Spieltheorie zielt auch darauf ab.

Er entwickelte die Vorstellung von einem Sphärengesetz, das alles durchdringt und durchwaltet. Dieses könne man nicht auf ein Teil des Universum reduzieren, es wirkt im ganzen All, es ist das ganze All. Es nimmt in verschiedenen Bereichen verschiedene Formen an. Beim Kristall bewirkt es glatte Flächen, beim Sternenhimmel bewirkt es die Harmonie, die erforderlich ist, damit die Sterne nicht zusammenstoßen, beim menschlichen Körper bewirkt das Zusammenspiel der einzelnen Organe, bei einer roten Rose z.B. die Farbe rot usw.

Durch dieses sphärische Gesetz wird alles zu einer Einheit. Es fügt alles zu dieser Einheit zusammen, und diese Einheit ist für Froebel Gott. Das Gesetz ist die Einheit, das Sphärengesetz ist Gott.

Gott, das sphärische Gesetz, hat die Welt erschaffen. Damit das Gesetz, das auch im Menschen ist, wirksam wird, muß es entfaltet werden. Dies ist Aufgabe der Erziehung. Damit das Gesetz in Menschen aktiv wird, muß dieser sich mit Spielgaben, Spielsachen beschäftigen, die diese Merkmale des sphärischen Gesetzes in sich tragen. Spielt das Kind zum Beispiel mit einem Kristall oder auch einer roten Walze etc., so beschäftigt es sich mit dem sphärischen Gesetz und aktiviert es damit. Da die Spielgeräte Attribute des sphärischen Gesetzes, wie z.B. die Farbe rot, glatte Flächen etc. beinhalten, bilden sie den Menschen, der mit ihnen spielt. Das Gesetz in ihm entfaltet sich.

16. Mai 1994

Zusammenfassung zu August Fröbel:

Spielen = mit Spielgaben umgehen. Außerliches wird verinnerlicht (z.B. glatte Fläche); das Gesetz wird dadurch aktiviert; das Sphärengesetz nimmt Einfluß auf das Handeln. Lebenseinigung = Mensch aktiviert in sich das sphärische Gesetz, er wird dadurch zu einem Teil der Einheit (einem Teil Gottes)

Was für das Kind das Spielen ist, ist für den Erwachsenen das Arbeiten. Beides dient der Lebenseinigung.

Fröbels Pädagogik wurde vom preußischen Staat wegen der in ihr enthaltenen Pantheistik für gefährlich gehalten und unterdrückt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Um auf Hegel besser eingehen zu können, hielt es Herr Krenzer für besser, zunächst einiges zu Joachim von Fiori zu sagen, da Hegel auf eben diesen zurückgreift. Daher zunächst etwas über Fiori...

Joachim von Fiori

Joachim von Fiori, der von 1145-1202 lebte, war Zystersienser-Mönch und gründete mehrere Klöster. Er verschärfte die Zystersienser-Regeln und begründete damit den Joachimavitismus.

In seinem Buch "Das Buch über die Eintracht von altem und neuen Testament" - in lateinisch geschrieben - entwirft er eine neue Hermeneutik, eine Auslegungskunst der Geschichte. Dabei waren für ihn nur die Dinge, die auch in der Heiligen Schrift standen, geschichtliche Tatsachen! Das heißt, die Bibel war sein einzeiges wirkliches Geschichtsbuch.

Nach seinem Verständnis ist Geschichte die Summe idealtypischer Ereignisse, eine ideale Entwicklung sozusagen. Er denkt sich nun, wenn er die Gesetze, nach denen diese idealtypischen Ereignisse auftreten, erkennen könne, könne er auch von der Vergangenheit in die Zukunft schauen und Voraussagen machen. Dabei ist für ihn ein Idealtyp ein während der Geschichte an seinen eigenen Unzulänglichkeiten scheiternder Mensch! Durch seine Auffassung wird die Geschichte zur Kontruktion, die sich nach seiner "Theorie über die sieben Zeitalter der Welt", das auf das Siebener-Schema von Augustinus zurückgeht, in sieben Abschnitte einteilen läßt.

Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen Augustinus und Fiori, der vor der Beschreibung der einzelnen Zeitalter erwähnt werden will. Für Augustinus kommt das siebte Zeitalter nach dem jüngsten Gericht, für Fiori aber davor! Oder anders: Für Joachim liegt das siebte Zeitalter innerhalb der Geschichte und nicht dahinter. Für Joachim endet die Geschichte nach dem Jüngsten Gericht, vor Augustinus aber geht sie weiter. Wenn man jetzt auch noch weiß, daß das siebte Zeitalter das vollkommene Zeitalter des heiligen Geister, das Paradies, ist, wird einem vielleicht die Tragweite dieses Unterschiedes bewußt. Denn für Joachim gibt es das Paradies schon vor dem jüngsten Gericht, innerhalb der Geschichte erlebbar, aber für Augustinus nicht. Das heißt bereits in dieser irdischen Welt wird dieses Zeitalter stattfinden, so Fiori. Und auf Erden wird es ausbrechen, dieses goldene Zeitalter! Doch jetzt erst einmal zu den einzelnen Zeitaltern an sich:

1.-5. Zeitalter: Gestalt des Gottvaters herrscht vor - Altes Testament

6. Zeitalter: Gestalt Jesu herrscht vor - Neues Testament

Zeit der Gnade. In dieser Zeit wird das Wort Gottes, die Bibel, erstmals durch Worte verkündet. Nur Jesus Christus spürt den Heiligen Geist in sich, ohne daß er auf Worte angewiesen ist.

7. Zeitalter: Gestalt des Heiligen Geistes herrscht vor - Neues Testament

Zeit der höheren Gnade. Der Heilige Geist ist nicht mehr an Worte gebunden, sondern er erscheint allen Menschen als Erleuchtung. Diese spirituelle Zeit des Geistes ist eng verknüpft mit der Abschaffung der Kirche und der Überwindung des Christentums Sie ist gekennzeichnet von der Vergeistigung aller Menschen, nachdem zuvor nur Christus vergeistigt war.

Wie man sieht gibt es drei Bereiche:

1. Bereich: 1.-5. Zeitalter, das alte Testament, die Zeit des Gottvaters

2. Bereich: 6. Zeitalter, Christus, die Zeit des Sohnes

3. Bereich: 7. Zeitalter, die Zeit des Heiligen Geistes

Interessant ist, daß für Fiori das Christentum um etwa 1200 zu Ende ging und danach das Zeitalter des Heiligen Geistes begann, daß er also gerade noch den Anfang der neuen vollkommenen Zeit erlebte. Ebenso bei Gotthold Epraim Lessing, der das Ende des 6. Zeitalters mit dem Beginn der Aufklärung, also auch seiner Lebzeit, datierte. [Vielleicht hat jeder Mensch die Tendenz, daß Paradies, ein vollkommenes Zeitalter, innerhalb seiner Lebenszeit für realisierbar zu halten. Wäre nicht gerade unverständlich.]

Fiori spricht in den Zusammenhang auch von den drei Reichen. Dem ersten zur Zeit des Alten Testamentes, dem zweiten seit Jesu [Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation?], und einem dritten, das noch kommen sollte. Dieses dritte Reich war für ihn auch das Tausendjährige Reich. [Irgendwie fühlt man sich dabei an das "Dritte Reich", das faschistische Regime unter Hitler erinnert. Nur daß das unmöglich das Zeitalter des Heiligen Geistes gewesen sein konnte. Aber diese begriffliche Analogie ist dennoch beunruhigend.]

Fiori stellte sich das 7. Zeitalter so vor, daß der Heilige Geist in Form eines geistlichen Elite-Ordens manifestiere. [Wieder diese Ähnlichkeit.] Hier taucht auch - zum ersten Mal ? - der Begriff einer Utopie auf, eine Welt, die eigentlich nicht realisierbar ist, aber vielleicht ja doch, etwas Reales-Irreales. Die Utopia-Romane gehen darauf zurück, z.B. auch der von Thomas Morus.

Joachims Botschaft dahingehend ist nun: Es ist eine Zeit der Utopien möglich! Im siebten Zeitalter tritt an die Stelle Christis eine charismatische Gestalt, ein Führer eines geistigen Ordens, so denkt er. [Schon wieder! Richtig unheimlich. Auch Hitler war ein charismatischer Führer, auf eine gewisse Weise.Nur wieder das Gefühl, daß das nicht gemeint sein kann!]

Nach Fiori ist die Moderne die Zeit der sich verwirklichenden Utopien. Nach dem Motto: Wir schaffen eine neue Welt, das war noch nicht da, das ist ein Novum..

Auch die Auffassung die Moderne is a point of no return, es darf keinen Krieg mehr geben, wir können nicht mehr zurück und wir dürfen nicht mehr zurück, geht auf eine gewisse Weise auf Fiori zurück, denn nach Fiori endet die Geschichte nach dem 7. Zeitalter. Und da das ja die Moderne sein soll, kann man auch nicht mehr zurück oder wieder an den selben Punkt gelangen, wie bei Augustinus, bei dem sich das ganze dann einfach nochmal wiederholt. [Ich hoffe, ich habe das während der Vorlesung so richtig verstanden!]

Nach Fiori ist dieses letzte Zeitalter begleitet von der vollständigen Manifestation der Vernunft.

Fiori hatte einen großen Einfluß auf die Geistesgeschichte. Gotthold Epraim Lessing, Friedrich Johann Schelling und Hegel - sie alle berufen sich in irgendeiner Form auf Fiori. Lessing sagte zum Beispiel: "Sie wird kommen, die Zeit eines neuen ewigen Evangeliums!" (Lessing, ?). Und auch Schelling betont seine Übereinstimmung mit Joachim von Fiori in seiner 36. Vorlesung.

Und Hegel selbst spricht vom Zeitalter des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, womit wir dann auch wieder am Anfang wären und der Kreis sich schließt. Nach Hegel war das Zeitalter des Vaters gekennzeichnet von einem unendlichen Abstand zwischen Gott und Mensch, während beim Zeitalter des Sohnes in Jesus Christus das Göttliche und das Menschliche eins werden, und beim Zeitalter des Heiligen Geistes dies in allen Menschen geschieht. Aber dazu mehr in der nächsten Vorlesung...

20. Juni 1994

Humboldt

Humboldt - akademisch, intellektuell, bewirkte wenige konkrete, praktische Veränderungen

Er stellte sich die Frage: Was ist Bildung? Er wollte erst einmal grundsätzliche Fragen

beantworten. Was soll ich herumdoktern? Pestalozzi ist ihm zu sehr ein Schulpraktiker.

Leibniz: in jedem Mensch wirkt eine Grundkraft - Monade - Bohne = Kraftpaket - Der Mensch bekommt keine Kraft von außen. Die Erziehung kann nur helfen diese Kraft zu aktualisieren.

Idee - Entwurf - Ich kann dem Menschen nichts geben, was ihn zu mehr macht, als er in sich hat. Die Selbstbetätigung der Kraft erfolgt nach einem Entwurf, einer Idee, die der Mensch in sich hat (Montessori - Bauplan). Der Mensch bildet sich in Selbstbestimmung.

Frage: Wie vollzieht die Kraft des Menschen ihre Selbstbestimmung? Die Kraft der Bildung entfaltet sich gemäß ihres Bauplans in Selbstbestimmung.


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