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Mein zweiter Orkos-Bericht

Ich habe ein paar Anmerkungen, Ergänzungen in den Text reingebastelt. Du erkennst sie an dieser Schrift.


From: "Martin Steigerwald" <steigerw@stud.uni-frankfurt.de>
Organization: Sunshine Inc. ;-)
Date: 18 Apr 99 13:41:42 +0000
Subject: Orkos - Teil II: Meine Antwort auf erste Reaktionen
Message-Id: <3719E116.MD-1.3.steigerw@stud.uni-frankfurt.de>
To: FORUM-DE@onelist.com
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Hallo!

Seit meiner ersten Schilderung meiner Erlebnisse bei Orkos ist einige Zeit vergangen. Ich möchte nun zu einigen Antworten Stellung nehmen. Da ich viele Antworten privat erhalten habe, werde ich sie hier nicht posten.

Erst rechnete ich damit auf "vernichtende" Kritik zu stoßen, aber ich irrte. Die ersten Reaktion waren allesamt im Grundtenor positiv, auch wenn in Einzelpunkten unterschiedliche Meinungen bestehen. Offenbar konnten so einige meine Schilderung nachvollziehen. Also ist wahrscheinlich doch ein Körnchen Wahrheit in meiner Schilderung. Deshalb geht meine "Orkos-Kritik" nun auf meiner Homepage auch online. Wenn meine Eindrücke nicht völlig falsch waren und aus der Luft herbeigezogen, dann haben Menschen, die Orkos besuchen wollen, meines Erachtens ein Recht darauf, die Schilderung meines Orkosaufenthalts zu lesen und sich selbst eine Meinung zu bilden. Hingehen können sie dann ja immer noch, und da sie dann vielleicht nicht ganz so überrascht und überrumpelt werden wie ich, kommen sie vielleicht auch besser klar, was ich jedem wünsche.

Finden läßt sich dann die Orkos-Kritik auf meiner Homepage (siehe unten), den genauen Link weiss ich jetzt noch nicht.

Es kamen aber nun vor kurzem auch einige kritische Anmerkungen zu meinen Schilderungen. Dazu möchte ich kurz Stellung nehmen. Die negativste Stellungnahme picke ich zuerst heraus:

Naturline-Update

Jemand fragte mich vor einiger Zeit, ob er meinen Orkos-Bericht an Naturline-Update weiterleiten dürfe. Ich erlaubte es - es ist ja ein öffentliches Posting -, aber bat darum eventuelle Reaktionen zugeschickt zu bekommen. Eine solche von S. J. bekam ich nun [Name auf Wunsch gekürzt, 27.1.2009]. Ich poste sie hier nicht. Das kann S. J. selber tun, wenn er mag.

S. sagte, irgendjemand habe seine Mailingliste geknackt, um meinen Orkos-Bericht auf sie posten zu können, er selbst habe es nicht getan. Nun, ich weiss, wem ich erlaubt habe, den Bericht weiterzuleiten, und bat ihn darum, das klar zu stellen. Ich habe kein Interesse daran, meinen Bericht, meine Schilderung, meine Kritik irgendjemanden aufzudrängen. Nun jedenfalls weiss ich nicht, was da gelaufen ist. Ich habe Naturline-Update nicht abonniert und dachte es sei eine Mailingliste, wo jeder posten darf. Deshalb dachte ich mir nichts dabei, als ich erlaubte, den Bericht weiterzuleiten.

Ich möchte zur Stellungnahme von S. J. nicht viel sagen... Es ist nun doch mehr geworden. ;-) Die erste Reaktion in einer privaten Antwort von S. J. war Verständnis, auch, wenn S. sagte, er sähe nach langjährigen Aufenthalt bei Orkos einige Dinge - näheres sagte er nicht - anders - sein gutes Recht. Nun bekomme ich auf indirektem Wege diese neue Stellungnahme von S.. Nun, ich habe meinen Bericht Orkos nicht auf die Nase gebunden und mir ist ehrlich gesagt, auch recht, wenn S. anderswo meinen Orkos-Bericht kritisiert, ohne seine Kritik an mich weiter zu leiten. Wenn eine Kritik mich jedoch nicht direkt an mich geschrieben ist, sehe ich auch wenig Veranlassung darauf zu reagieren. Den folgenden Punkt jedoch möchte ich klar stellen.

Doch erst noch etwas anderes: Jemand fragte mich, ob er meinen Bericht an Orkos weiterleiten dürfe, damit Orkos seine Meinung dazu äußern kann. Ich bejahte, aber die Antwort-Mail von mir kam mit einer Fehlermeldung zurück. Deshalb hier noch mal die ausdrückliche Erlaubnis: Ihr dürft meine Mails über Orkos, wie jede andere hier gepostete Mail, - unverändert!!! - überall hinposten, es sind ja öffentliche Postings. Wär nur freundlich mich zu informieren, wo ihr sie hinposten und mir eventuelle Reaktionen, Antworten zukommen zu lassen.

Bin ich nun Jesus oder was? - oder: Der Jesus, der sich nicht anpassen wollte

S. meinte, einer der franzößischen Orkos-Mitarbeiter habe gesagt, ich sei bei Orkos wie Jesus aufgetreten und hätte mich nicht anpassen wollen.

Ich weiß nicht genau, woran das liegt, daß ich immer wieder mit Jesus in Zusammenhang gebracht wurde. Liegt vielleicht an meinen langen braunen Jahren und daran, daß ich im Sommer immer mit Sandalen, meist sogar barfuß gehe. Und seitdem ich auf einer Ferienfreizeit ein paar Kinder, die ich mit betreute, in einem weissen Schlafanzug abends ermahnte, nun doch etwas leiser zu sein, habe ich meinen Ruf als Jesus sowieso weg ;).

Aber eigentlich mag ich diesen Vergleich nicht so gerne. Was wissen wir schon Definitives über Jesus? Die neue Übersetzung des Vater-Mutter-Unser aus dem Aramäischen legt nahe, daß viele Dinge in unseren Standard-Bibeln falsch übersetzt worden sind. Einiges wurde gar mutwillig verändert.

Abgesehen davon bin ich ein ganz eigener individueller Mensch. Ich bin nicht Jesus, ich kann nicht Jesus sein und mit Verlaub, ich _will_ auch nicht Jesus sein. Warum auch?

Und - das stimmt sogar - ich will mich nicht an Alles und Jedes anpassen. Ich wollte am Anfang sogar in der ersten Woche schon wieder abreisen. Ich dachte: "Nun gut, das hier kannste vergessen, halt Dich nicht länger damit auf." Und dennoch ließ ich mich darauf ein, etwas länger zu bleiben und mir alles nochmal genauer anzuschauen und mitzuerleben. Wenn ich mich gar nicht hätte anpassen wollen, wäre ich nach dem 2 Tag weg gewesen, irgendwelche Regeln von Orkos - von wegen Mindestaufenthalt 2 Wochen - wären mir dann völlig egal gewesen.

Und wenn ich keine Rücksicht hätte nehmen wollen und Orkos nicht wohlwollend hätte behandeln wollen, dann hätte ich möglicherweise noch mehr unternommen. Ich bin mir sicher, daß sich das franzößische Equivalent des Arbeitsamtes doch für die - in meinen Augen - immer noch ausbeuterischen Züge von Orkos interessieren dürfte. Mir will einfach nicht in den Kopf, daß Orkos wegen Instinkto-Lehre und Meta-Psychoanalyse angegriffen wird, aber offenbar kaum einer schaut, unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wird.

Aber nochmal zurück zur Anpassung: Es ist eine einfache Argumentation und eine wirkungsvolle Argumentation zu sagen, ich sei bei Orkos unglücklich gewesen, weil ich mich nicht angepaßt habe, weil ich nicht sehen würde, wie toll Orkos doch eigentlich ist. Und wenn man mir dann noch sagt, mein Widerstand gegen Orkos ist unbewußt verankert, habe ich nicht mehr den Hauch einer Chance. Es ist wie bei der Psychoanalyse, wenn ein Psychoanalytiker zu seinem Patienten sagt: Ja, sie haben eine Psychose, aber sie merken es nicht, weil das unbewußt ist.

Was soll den der Patient dann noch sagen? (Abgesehen davon, daß solcher Psychoanalytiker in meinen Augen völlig unfähig und taktlos ist.)

Welche Chance habe ich noch, darauf zu reagieren? Nur diese eine:

Ich lehne diese psychoanalytische Argumenation von Grund auf ab, und zwar aus folgendem Grund: Ich bin selbst für mich verantwortlich, ich bin ein freies Individuum. Und wenn bei mir etwas unbewußt abläuft, was mich daran hindert, bei Orkos glücklich zu sein, dann bin ich es ganz allein, der das entdecken kann oder nicht.

Eine solche Argumentation eines Psychoanalytikers gegeüber seinem Patienten, löst bei diesem in der Regel folgende Reaktion aus: Widerstand und Ablehnung.

Nun ist mir dieser Mechanismus bewußt, und vielleicht kommt ein Teil meiner Ablehnung von Orkos eben von jener Argumentation.

Aber ich möchte auf diese Argumentation weiter eingehen: Das Argument, ich sei unglücklich bei Orkos, weil ich mich nicht anpasse, beeinhaltet die Forderung, ich solle mich anpassen, um bei Orkos glücklich zu werden. Das heißt: Ich soll mich verändern.

Schön und gut, bei sich selbst anzufangen ist oft eine gute Idee. Aber warum - frage ich mich dann - fängt Orkos, fängt S. dann bei mir an? Denn beide fordern, ich solle mich verändern.

So können wir dieses Spiel Jahrtausende weiter spielen. Ich sage: Orkos ist falsch, sie sagen, ich bin falsch. Ich sage: Bei Orkos muß sich etwas verändern. Sie sagen: Bei mir muß sich etwas verändern. Und wenn ich wirklich den Fehler gemacht habe, nicht gründlich genug auf mich selbst zu schauen, so kann ich doch nicht sagen, daß Orkos und S. von diesem Fehler frei sind.

Aber auch das ist unwesentlich, denn damit deute ich wieder an, daß jemand anders sich verändern soll. Ich bleibe bei meiner Schilderung meiner Erlebnisse von Orkos und bitte darum, sie weniger als Kritik zu verstehen, was sich alles bei Orkos verändern muß, sondern sie einfach als eine authentische Schilderung _meiner_ Erlebnisse bei Orkos zu betrachten.

Wer bin ich denn, zu sagen, Orkos solle sich verändern? Natürlich denke ich das - immer noch - , dass Orkos das tun sollte. Aber ich verlange es nicht. Ich bin nicht mehr dort, und ich werde in Zukunft meine Rohkost vermehrt aus anderen Quellen bekommen. Was Orkos mit meinen Bericht macht, ist nicht meine Sache.

Aber das mit der Anpassung hat dann noch einen Haken: Ja, wer ist Orkos eigentlich, von mir zu verlangen, ich solle mich an die Strukturen von Orkos anpassen, möglichst ohne zu sagen, daß ich damit so meine Probleme habe?

Die totale Anpassung - das ist eigentlich ein Konzept, daß ich nur von Diktaturen und autoritären Sekten und Religionsführern kenne. Wo der Jünger, der ist, der fehlerbehaftet ist, und die Gruppe, der er sich anschließen, die Perfektion schlechthin vertritt. Und mit Verlaub: Genau so habe ich mich bei Orkos gefühlt.

Ich wollte es erst nich wahrhaben. Aber eine private Antwort auf meinen Orkos-Bericht machte mir diesen Zusammenhang wieder klar. Es ist hart, zu sagen, Orkos ist seine Sekte. Und ich denke, es ist vielleicht auch ungerecht. Aber ich habe mich jedenfalls so gefühlt, als sei ich in eine Sekte gekommen. Fast alle dachten sie anders als ich, Orkos-like. Und die, die nicht mit allem einverstanden waren, die blieben meistens still.

Dabei kenne ich mindestens eine langjährige Orkos-Mitarbeiterin, die mich sehr verstanden und unterstützt hat, die auch alles schon mehr als einmal hinschmeißen wollte. Aber diese Frau hat eine Sache vielleicht besser verstanden, als Orkos und ich zusammen genommen: Nämlich, daß es keinen Sinn macht, zu sagen, der andere solle ich verändern.

Und so ziehe ich im Sinne natürlicher Lebensweise für mich nun folgende Konsequenz: Ich habe mich bei Orkos nicht wohl gefühlt, und mir ist nicht klar, wie ich daran etwas ändern soll, denn ich möchte mich nicht an die Strukturen vor Ort anpassen, ohne meine eigenen Ideen einzubringen. Und ich bin Stolz darauf, einer derjenigen gewesen zu sein, die sich nicht einfach angepaßt haben. Ich bin stolz darauf, mir meine Persönlichkeit bewahrt zu haben. Nein, das stimmt: Orkos konnte mich nicht assilimieren. (Hmmm, vielleicht habe ich zu viel StarTrek geschaut;-).

Ok, ich fühlte Unlust und Frustration bei Orkos. Gemäß natürlicher Lebensweise weiche ich dieser Unlaut nun aus, und bleibe schlicht und ergreifend fern von Orkos. Warum sollte ich nochmal dahin gehen? Warum sollte ich nochmal riskieren, schlapp, müde und halbtod im Bett zu liegen und nicht arbeiten zu können. Das war echt ein Novum. Daß ich so kaputt wurde. Das ist mir in meinen 3 Jahren Rohkost nicht ein einziges Mal passiert. Und jetzts kommts:

Jetzt geht es mir auch wieder gut. Und ich habe mir zur Gewohnheit zu machen, hier mehr Cassia zu essen als bei Orkos. Und von wegen, da sei ein starker Virus umgegangen, lächerlich: Der Virus, der mich ans Bett fesselt, solange ich Rohkost/Urkost esse, dieser Virus muß erst noch erfunden werden. Und bei Gott, ich hoffe, daß wird nie passieren, weil ich mir nichts Grausameres vorstellen kann, als eine biologische Waffe, die Menschen tötet. Und zwar auch dann, wenn sie gesund leben.

Und noch ein letztes: Ich dachte die Erfahrungen bei Orkos helfen mir, meine Rohkost durchzuhalten. Mitnichten. Mitnichten. Ja, dort gab es keine Probleme - auch mit den zwei Mahlzeiten, kam ich ganz gut zu recht, auch wenn ich das keineswegs natürlich finde. Aber zuhause klappte ich zusammen. Ich erzählte es ja in meinem ersten Bericht. Auch das passierte mir vorher in diesem Ausmaß noch nie. Ich möchte daran nicht Orkos die Schuld geben, für meine Handlungen bin ich schon selbst verantwortlich. Aber es ist schon komisch, daß das direkt nach meinen Orkos-Aufenthalt passierte, und das es mir jetzt wieder gelingt, Rohkost ziemlich konsequent zu machen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen: Nein, Orkos hilft mir nicht, bei der Rohkost zu bleiben, es sei denn durch die schönen Tropenfrüchte - die ich nun wohl erst einmal vorwiegend woanders kaufen werde.

Ich selbst bin es, der mir hilft. Gott/Göttin ist es, die mir hilft. Und die Rohköstler, die ich in meiner Umgebung kenne - auch hier auf der Mailingliste - sind es die mir helfen dran zu bleiben, und sei es durch ihr Vorbild.

Und das bringt mich wieder zurück zu Konz: Jeder muß selbst für seine Gesundheit die Verantwortung übernehmen. Niemand, auch Orkos nicht, kann einen diese Verantwortung abnehmen. Und wem die Rohkost bei Orkos gelingt, und zuhause nicht, der macht noch irgendetwas nicht richtig.

Und jetzt fühl ich mich sauwohl - ja, und diese Sau die wird nicht geschlachtet, basta -, weil ich das alles mal losgeworden bin und weil ich vorher einen Waldlauf gemacht und mir den Bauch mit Wildkräutern gefüllt habe. Was brauch ich Orkos - wenn ich Wildkräuter habe ;-). Ok, ich will es mal nicht übertreiben, ein paar naturbelassene Tropenfrüchte hin- und wieder lasse ich mir schon schmecken. Aber die gibts auch woanders ;), und zwar im Direktimport ohne aufwendige Lagerung ;). Aber bevor ich dazu was sage, teste ich das erst einmal selbst an.

In diesem Sinne: Bleibt dran, an eurer - hoffentlich veganen - Rohkost / UrKost. Habt Mut, euch selbst etwas Gutes zu tun und dann auch zu ertragen, glücklich zu sein.

Ich habe manchmal das Gefühl, davor habe ich vielleicht Angst: Am Ende könnte ich völlig sinnlos und ohne Grund, einfach so glücklich sein, und das passiert mir immer öfter. Vielleicht muß ich erst lernen, mit diesem neuen Glück gut umzugehen.

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